Meine angehende Profilierung als Falschsager

Die Idee wurde mir auf dem Weihnachtsmarkt zugetragen, als ich neugierig – wie ich bin – eine exotische zurechtgemachte Frau hinter einem Vorhang erblickte und dann über dem Eingangsbereich „Wahrsagerin“ las.

Wie wäre es denn, wenn ich im nächsten Jahr – vielleicht vis a vis – eine Dienstleistung als Falschsager anbiete? Ich will die Frau nicht schlecht machen. Eine fachgerechte Ausbildung habe ich auch. Und deshalb weiß ich, dass es mit der Wahrheit nicht so einfach ist. Mittlerweile wurde sogar herausgefunden, dass es mehrere Wahrheiten geben kann, dass das, was wahr ist, sich mit der Zeit ändert, und dass die Unwahrheit ihren festen Platz im Leben jeden Individuums hat.
Mit der Unwahrheit ist es jedenfalls viel einfacher umzugehen, als mit der Wahrheit. Kann man einer gekauften Wahrheit vertrauen? Wenn die verkaufte Wahrheit sich als Unwahrheit erweist, wer übernimmt dann die Verantwortung? Erwiese sich die Unwahrheit als wahr, dann könnte das sogar Glück bedeuten, zumindest aber eine Gewissheit herbeiführen.
Ich glaube fest, dass die Menschen sehr viel mehr davon haben, wenn sie von mir auf einem Weihnachtsmarkt die Unwahrheit kaufen und erfahren als eine vermeintliche Wahrheit.
Was haltet ihr von meiner Geschäftsidee?
Nun sagt mir bitte nicht, dass es solche Geschäfte schon zu genüge gibt, dass sie aber nicht als Falschsagerei am Markt operieren, weil das ja noch nicht einmal gelogen wäre, sondern mit sehr viel unverfänglicheren Namen in Erscheinung treten.

Spielart des globalen Altruismusgewerbes

Wer weiß es besser als der Beobachter von Facebook und ähnlich heißgelaufenen Webcommunitys:

Wer Zustimmung will, braucht knallharte, einfache Positionen, damit er likefähig bleibt. Ob die Position ethischen, fachlichen und praktisch Ansprüchen genügt, ist dabei unwichtig. Positionen mit Feindbild entsprechen also sehr gut dem Ideal der unbedingten Likefähigkeit.

Jetzt sammeln wenige Manager des Unheils nach diesem Muster verstörte Bürger um sich und um ein Akronym, das eine Bewegung nahelegt, wo es keine gibt. Und in der Gegenbewegung sammeln nun in der Folge selbsternannte Bessermenschen in Pseudopetitionen die „Likes“ für eine Gegenbewegung. Und alle aus dem simulierten antifaschistischen Widerstand machen mit.
Dabei geht es – wie schon in den Wirren der Weimarer Republik – nicht darum, wer die größte Zahl hinter sich weiß, sondern um den herrschaftsfreien Dialog der Subjekte.
Anstatt einer unregierbaren Frontenarithmetik per Mausklick und der Eingliederung in Marschformationen der Widersacher sollte das Gespräch von Angesicht zu Angesicht genutzt werden, die versäumten Grundlagen zu erarbeiten, die ein selbst- und mitverantwortliches Leben in einer vielfältigen, inkludierten Welt erforderlich machen. – Dass das nicht so einfach ist, räume ich ein. Das ist aber auch gut so!
Es wird aber auch unvermeidlich sein, die Bürgerverdrossenheit der professionalisierten Politikerkaste auf den Prüfstand zu stellen und Gerechtigkeit im Wohlstand auf den Weg zu geben anstatt so zu tun, als seien die Bürger verdrossen. Wenn der Bürger den Politiker ablehnen, dann nicht deshalb, weil der Politiker Maut, Soli usw. nicht hinreichend vermittelt hat, sondern weil der Bürger es nicht will, weil es ungerecht ist und den Wohlstand einschränkt.
Nachtrag:
Jetzt passiert, was ich vermutet habe. Das globale Altruismusgewerbe macht den Durchmarsch:
Wer bei #nopegida unterschrieben hat, bekam von Change, der Plattform für Onlinepetitionen, die Empfehlung, das auch bei der Pro-„Pegida“-Aktion zu tun, die nun ebenfalls Gefolgsleute sammelt.
 
Es ist daran zu erinnern, dass die sogenannten Onlinepetitionen ein Geschäft sind, aber keine Petitionen im Sinn des Grundgesetzes, die im Artikel 17 geregelt sind.
 
siehe auch

Bewegte Bürger

Ich lese gerade, dass der Zulauf von FRIGIDA, oder wie das heißt, damit zu begründen sein soll, dass der Bürger parteien- und politikverdrossen ist. Dem folge ich nicht!

Es ist nämlich so, dass jedes im Kern demokratisch ausgerichtete Volk über Volksvertreter in Parlamenten und Regierungen verfügt, die es selbst gewählt hat. Deshalb gilt der Satz, dass Politik grundsätzlich nicht besser und nicht schlechter ist, als das Volk selbst. Abweichungen werden in Wahlen korrigiert.
Dem Reden von der Verdrossenheit liegt zudem eine Verwechslung zugrunde. Nicht der Modalbürger ist verdrossen. Er spiegelt nur die Verdrossenheit einer scheinbar professionell abgehobener Politikerkaste, die meint, sie wäre nicht mehr abwählbar. Politiker sind also bisweilen Bürgerverdrossen und nicht umgekehrt.
Umso wichtiger ist es, die fatale Genügsamkeit des Es-ändert-sich-ja-doch-nichts zugunsten einer fundierten und gut diskutierten Wahlentscheidung aufzugeben. Zum Lohn gibt es dann die Politik, die wir verdienen.

Musik als Weihnachtsgeschenk

Ich habe als Weihnachtsgeschenk für zwei Halbwüchsige unter 3 Jahren eine Doppel-CD gebastelt, auch weil sie bereits dabei sind, die Kinderlieder hinter sich zu lassen.

Dazu habe ich aus meinem Fundus einzelne Musikstücke ausgewählt, die mir gefallen, jeweils mit einem Seitenblick auf die beiden, die beschenkt werden sollen. Das Ganze ist als unverwüstliches Bilderbuch gestaltet, in dem die Musiker zu sehen sind. Ich habe Fotokollagen beschriftet und in Folien eingeschweißt. Die CDs sind in dieses Buch integriert in eigens geschweißten Taschen, die entstehen, wenn man eine passend gefaltete Papiertüte, die aus der Schweißfolie heraus ragt, mit einschweißt und die schließlich abgeschnitten und mit einem flachen Plastikdruckknopf verschlossen wird. Alle 10 Seiten wurden an der Seite gelocht und dann mit Hülsenmuttern und Schrauben miteinander verbunden.

Man könnte das Buch sogar noch erweitern oder auch mit Sekundenkleber an den Schrauben unauflöslich gestalten.

Jetzt bin ich mal gespannt, wie das Buch mit den CDs ankommt.

Auf die Idee bin ich auch gekommen, weil beide nun seit langer Zeit mit ebenfalls selbstgemachten aber kleineren Fotobilderbüchern spielen, die ich ebenfalls nach gleicher Grundidee selbst hergestellt habe.

 

FlatToMove

Feuerwerk

Ich erinnere gern daran, dass das Feuerwerk eine uralte und eigentlich auch anerkannte, inszenierte Kunstform ist. Wer sich nun gegen das Silvesterfeuerwerk engagiert, der ist denen zuzuordnen, die Theater und Museen für überflüssig halten, weil sie meinen, dass das Geld für vermeintlich wichtigere Sachen auszugeben ist.
Eine derartig selbstgefällige Ignoranz führt zur Verarmung einer kulturellen Vielfalt.
Es ist freilich erforderlich – wie bei anderen Kunstformen auch – nicht nur gut gemeint zu feuerwerken, sondern auch gut gemacht. Das passiert aber nicht durch Aufrufe, das Feuerwerk ganz einzustellen.

Der Silberstreif

So lange die FDP – die Presse berichtet darüber – breitere Parkstreifen für breitere Autos in engen Innenstädten fordert, wird es ihr nicht helfen, wenn sie die Farben und das Logo der Partei ändert.
Es sagt der Protagonist Eddie Felson im Film „Die Farbe des Geldes“ von Martin Scorsese zum Schluss: „I’m back!“

  • Ein typischer Cliffhanger!

Mal sehen wie es weiter geht.

Marco „Rolls“ Reus

Der Fußballspieler ohne Fahrlizenz in der Geilkurve hat keine Dummheit gemacht! Er hat sich rücksichtslos über Gesetze und Regelungen für den Straßenverkehr hinweg gesetzt. Ohne Führerschein ist sein Risiko eines Unfalls nahezu maximiert und vor allem das Leben der Mitmenschen in Gefahr. Trainierte Reflexe ersetzen den Führerschein nicht. Der Spieler kann nichts dazu, dass sein Vermögen möglicherweise ausreichen würde, die Folgekosten eines Verkehrsunfalls selbst zu zahlen. Dass Fußballspieler zu viel verdienen ist ja nun klar. Das Bußgeld gegen den Spieler Reus addiert sich nämlich zu eine halben Million Euro. Das sind 90 Tagessätzen seines Einkommens. Es ist unmittelbar einsichtig, dass selbst eine sehr hochwertige Leistung im Sport solche Einkommenshöhen nicht rechtfertigt. Das Einkommen steht in keinem gerechten Verhältnis zu den Einkommen anderer Menschen, die nicht weniger Einsatz zeigen, um sehr viel weniger Einkommen zu erzielen. Schuld daran sind die Spieler allerdings nicht. Dort, wo der Markt entfesselt ist, wird nach Angebot und Nachfrage bezahlt. Die Vereine requirieren über Sponsoren, Übertragungsrechte, Fanartikel und vor allem durch die zahlenden Fans und kostenlose Dienstleistungen aus öffentlichen Mitteln solche Mengen Geld, dass sie die besten Spieler im Idealfall nicht nur kaufen, sondern sogar auf die Reservebank setzen können, damit sie der Gegner nicht kauft.

Bereits die Auswahl der Fahrzeuge, die Sportler so fahren, zeigt, dass die hoch gehandelten Sportler mit Geld überversorgt sind und es nicht einmal merken. Gerade im Fußball schleicht sich deshalb schnell ein Unverwundbarkeitssyndrom ein, und die irre Erkenntnis, man könne sich mit Geld die Welt käuflich gestalten. Die öffentliche Berichterstattung lebt davon, dass man auch darüber wohlwollend berichtet und arbeitet mit an der Heldenschnitzerei mit zugeordneten schmalen Spielerfrauen. Wir kennen das Syndrom von führenden Mafiosi und den weltläufigen Oligarchen im Konsumrausch. Besonders deutlich wird das aber bei dem für Fußballer immer noch als vorbildlich gehandelten Herrn Höneß. Der hält sich bis in den Justizvollzug hinein für einen Gutmenschen, der ab und zu sein überflüssiges Geld abgab. Mit dem geldfundierten Image des Gutmenschen konnte er dann aber noch mehr Geld verdienen. Er verlor sich schließlich in einem selbst gemachten, anscheinend rechtsfreien Raum, in dem er nicht nur alles kaufen, sondern auch alles unbegrenzt gestalten könnte, bis er als kleine kriminelle Wurst aus dem Verkehr gezogen wurde. Das hindert die kapitalverwöhnte Sportlergilde nicht daran, seine Rückführung in den Geld- und Machtapparat ziemlich geschmacklos als Resozialisierung zu verkaufen. Man stelle sich nur vor, wie er in der Jugendabteilung „seines“ Vereins unangenehm auffällt, weil er die Stutzen nicht richtig gewaschen hat. Dass seine alte uns seine neue Rolle im selben Verein unvereinbar sind, das wird bisher kaum bedacht.
Das eigentümliche Verhältnis von Geld und Glück entpuppt sich als schwieriger als wir es je vermutet haben. Viele sind bereits vom Unverwundbarkeitssyndrom infiziert. Eine Therapie würde eine Bereitschaft zur Mitarbeit voraussetzen. Die wird aber im Musterfall Höneß nicht nachgefragt. Nun ist das Syndrom bereits bei Reus offen in Erscheinung getreten. Bei anderen wird es noch verdeckt sein. Die Dunkelziffer könnte höher sein als wir wahrhaben wollen. Wir wünschen Herrn Reus gute Besserung und trösten uns damit, dass die betroffene Population doch sehr klein ist und deshalb eine Epidemie unwahrscheinlich. Trösten wie uns damit, dass Burnout und Depression als vereinigtes Zeitgeistsyndrom die Kehrseite der selben Sache markieren. Sie sind gefährlicher, weil man daran auch ohne Geld leidet. Geld würde uns also lediglich nutzen, die Erscheinungsform zu wechseln:

Tausche Depression gegen Unverwundbarkeit!