Womit ist der Papst geschlagen?

Der Papst sagte vor wenigen Tagen in einer Audienz im Vatikan, man dürfe Kinder schlagen, wenn man es würdevoll tut.

So etwas sagt man gern einmal, wenn man sich nicht auf der Höhe der Zeit auseinandersetzen muss: Der Papst redet einfach von oben herab und fast jedesmal ist ein Mikrofon dabei, das seine Worte für die ganze Welt multipliziert. Nun ist es ja – auch nach katholischen Glaubensverständnis – so, dass der Papst mit solchen Aussagen nicht unbedingt Recht haben muss. Zu seiner Rettung wird ihm hoffentlich die Erkenntnis kommen, dass die Würde des Menschen ganz allgemein keine Gewalt verträgt. Dann ist es ja auch klar, dass es für die päpstliche Behauptung, selbst wenn sie richtig ist, gar keinen Anwendungsfall gibt. Wie dem auch sei: Wenn es nicht der Papst gesagt hätte, dann hätte niemand hingehört oder darüber berichtet.

Betrachten wir normale Kinder mit normalen Eltern, dann ist es so, dass es keinen Anspruch auf optimale Eltern gibt, sondern nur auf solche, die irgendwie fehlerhaft sind, so wie wir alle. Durch die Jahrhunderte zeigt sich, dass mit einer gesellschaftlichen Entwicklung auch eine Entwicklung der Erziehungsfähigkeit verbunden war. Für die Kinder haben sich die geltenden Normen verbessert. Die heute in der UN-Kinderechtskonvention festgeschriebenen Maßstäbe dienen heute als eine gute Orientierung und Aufforderung für einen vor allem gewaltfreien Umgang mit Kindern. Dort, wo solche Rechte zum allgemein gültigen Maßstab geworden sind, wird die Gewalt gegen Kinder geächtet und nimmt die Gewalt gegen Kinder ab. Das heißt aber auch, dass die Gewalt trotzdem und ziemlich unkontrolliert im Verborgenen stattfinden kann. In hoch entwickelten Gesellschaften hat es sich etabliert, dass strukturelle Gewalt die ehemals körperliche ersetzt und sich oft den Anschein einer fürsorglichen Behütung gibt. In solchen Fällen wird der vermeintliche Anlass für Schläge, also ein abweichendes Verhalten, erst gar nicht zugelassen. Das Beispiel dafür sind die weichen, warmen Mütter in ihren vorgeheizter Großlimousinen, die den Schulweg und damit alle Erlebnisse mit dem Wetter, den Gleichaltrigen und neuen Lebensereignissen wegorganisieren. In solchen Ereignissen relativiert sich die Bedeutung der Schläge oft erheblich.
In Ländern ohne eine Tradition der Kinderrechte sind dagegen sämtliche Formen der Gewalt, Ausbeutung und Überforderung eher an der Tagesordnung.
Wenn nun die Eltern ihre Kinder schlagen, Ihnen Angst machen, sie hungern und frieren lassen oder für ihre Zwecke instrumentalisieren und weiß Gott was noch alles, dann sind die Kinder gleichermaßen hilfebedürftig wie ihre Eltern. Auch in stark belasteten Situationen ist es sehr selten, dass Kinder dann doch lieber ihre entwicklungsbegleitende Bindung an die Eltern aufkündigen.
Die „Schläge“ der Eltern gegen die Kinder sind also nicht gottgewollt und auch nicht gottgeduldet. Sie sind ein Zeichen für ein belastetes und irgendwie ungerechtes Leben. Es bleibt eine Aufgabe der Eltern, aus Erfahrungen zu lernen und dabei auch Hilfen zu nutzen.
Ihnen ist zu raten, auf alle Fälle nicht auf den Papst zu hören.

Ganz schön geheim …

Weil Geheimdienste eben im Geheimen arbeiten, beugen sie sich nicht dem demokratischen verfügten Willen. Kontrollversuche durch Parlamente können die Öffentlichkeit als Ort der Intervention und Korrektur nicht ersetzen. Damit ist der Kriminalität in Geheimdiensten Tür und Tor geöffnet.

Der selbstgefällige Umgang der Geheimdienste mit unseren Daten zeigt allein schon, dass im Selbstverständnis der Geheimdienste die Idee der Allmacht gut verankert ist. Vielfalt und Extravaganz ist jeden Geheimdienst ein Gräuel. Deshalb stehen auch immer die Menschen, die einfach nur ihre Daten für sich selbst beanspruchen ganz vorn auf der Liste der mutmaßlich gefährlichen Störenfriede. Nur im farblosen Mainstream gefällt man den Geheimdiensten, während vom aktiven Bürger abweichendes Verhalten zu erwarten wäre, um dem Entwicklungserfordernis von Mensch und Gesellschaft gerecht zu werden.

Facebook auf Datentour

Facebook hat ja eine hervorragende Stellung unter den sozialen Medien. Das ist vor allem der überwältigend großen Zahl von Nutzern zu verdanken. Facebook ist und bleibt ein Instrument des Kapitalmaximierung und nicht der gleichberechtigten Verständigung, auch wenn die Nutzer immer noch nicht die Idee von der Gleichberechtigung im Netz aufgegeben haben. Facebook zeigt nur ab und zu einmal seine schäbige Seite. Man will ja die Nutzer nicht verschrecken. Jetzt hat man gerade die AGBs, also das Kleingedruckte selbstgefällig geändert. Der Nutzer braucht nur stillhalten und schon verschwinden seine Daten in Kanälen in denen sie Gewinn versprechen.

Nun sagt der Bürger schon seit Jahren, dass er eine ehrliche Haut ist und nichts zu verbergen hat. Diese Grundeinstellung kommt Facebook gelegen. Der Bürger erlebt es also eher als Entlastung, wenn die Algorithmen ihm den Weg weisen und dafür nach und nach seine Autonomie einkassieren und ihm vorgaukeln, dass seine Autonomie über die freie Wahl zwischen zahlreichen Mitteln gegen Prostataleiden gewährleistet sei.

Wenn ich also sage: „Ich erwarte von Facebook Respekt vor meinem geltenden Recht auf einen selbstbestimmten Umgang mit meinen Daten!“ dann stößt das häufig auf Unverständnis …

Ich rufe dem Tsunami entgegen: „Aber ich bin doch Nichtschwimmer!!!“

Lustig ist es aber nicht, wenn Facebook die Welle macht, um meine Daten in ihr Heiligstes zu spülen. Gemachte Wellen sind keine Naturgewalten und weder zwangsläufig noch unbeeinflussbar.
Wenn sich nun aber der Facebooknutzer lediglich in seiner vermeintlichen Bedeutungslosigkeit wegdrückt und auf Gegenrede und auf
verzichtet, dann bestätigt er, was Facebook schon lange weiß: Mit denen kann man es ja machen!
Der gefühlte Mehrwert von vielfach geteilten Posts – die ja eigentlich gar keinen Mehrwert bringen – wird schließlich höher bewertet als die fremdbestimmte Planung unserer Interessen nach einem fremden Algorithmus.
Meine geschätzten Freunde diskutieren die aktuelle Übergriffigkeit Facebooks kaum. Einer zieht sich zurück ohne zu löschen, alle anderen spielen weiter.
Ich  –––  spiele mein öffentliches Dreifachleben weiter und warte nun gespannt darauf, ob und wie das angekündigte Bußgeldverfahren gegen Facebook wirkt …
Auf dem Dachboden haben wir bereits die Schlinge installiert, und unsere Finger schweben unaufhörlich über dem Delete-Button …
Ach, los – sprechen wir doch lieber … [eye roll button] •KLIKK•

lustige Beleidigung

„Beleidigen und beleidigt sein“
sind einem Psychodrom längst vergangener Zeiten zuzuordnen, als man sich einen Gegner aufbaute, indem man aus heiterem Himmel behauptete: „Der hat mich beleidigt!“.

Ich verstehe immer noch nicht, warum immer noch in diesem Muster argumentiert wird.

Jetzt soll doch tatsächlich, so die Süddeutsche Zeitung – die Verlobte eines bekannten Tennisspielers den Gegner beleidigt haben. Ohhhhh Gott!

Weil es so schön ist, hier das Zitat:
„Kim Sears, Verlobte von Andy Murray, hat dessen Gegenspieler Tomas Berdych während des Halbfinales der Australian Open  heftig beleidigt. Die in der Box sitzende 27-Jährige hatte während des Halbfinal-Sieges von Murray (6:7, 6:0, 6:3, 7:5) mehrmals das „F-Wort“ im Zusammenhang mit dem Tschechen benutzt. „F***** have it, you Czech flash f***“, sagte Sears. TV-Kameras fingen den Vorfall ein, das Video kursiert nun im Internet.“
„Beleidigungen“ sind einfach nur lustig! – wie damals als mich die Jungs von Monty Python beleidigt haben …

Überblick

Die Welt ist zu komplex, um immer und in jeder Situation wirklich verstanden zu werden. Deshalb neigen wir dazu, Hilfsmittel zu erarbeiten und zu nutzen, die die unendliche Vielfalt auf den Punkt bringen. Alles in allem treffen wir unsere Wahlentscheidungen auf der Basis eines Potpourries aus wilden Zurufen, bewährten Traditionen, emotionalen Bindung an Meinungsführer oder irgendwelche Chefs, durchgemixt im Bauchgefühl. Dagegen ist nichts einzuwenden, denn wir haben nur wenige Chancen, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Ein Problem bleibt jedoch: die besonders komplexen Dinge auf der Welt beugen sich nicht einer Vereinfachung ohne Schaden zu nehmen. Deshalb neigt die veröffentlichte Meinung dazu, solche Sachen auszublenden und die ganz einfachen Dinge zu bevorzugen.
Es ist also kein Wunder, dass in diesen Tagen die Presse darüber berichtet, dass der Mann im Verhältnis zu seinem Vermieter mit Unterstützung eines Gerichts im Stehen pinkeln kann, ungeachtet aller anderen Einwände gegen das Pinkeln im Stehen.
Die öffentliche Beachtung solchen Gerichtsentscheidungen steigt also mit ihrer Bedeutungslosigkeit.

Die Freiheit ist immer …

Die Tagesschau meldet, dass die Kanzlerin Merkel für die #Demonstrationsfreiheit ist.

Ist das denn wichtig?
Freiheitsrechte stehen doch über so einer Kanzlerin und sind damit für sie ohnehin außer Reichweite. Sie könnte mit Vernunft also gar nicht dagegen sein.
Sie spielt wohl nur so einflussreich und wiegt mit einem leeren Bekenntnis das Volk in einer Sicherheit, die dar nicht zur Debatte steht.
Es bringt stets Beliebtheitspunkte, wenn alles so bleibt wie es ist. Und die Kanzlerin steht dafür mit ihrem Wort.
Ich befürchte dagegen den Tod im Dornröschenschlaf, weil sich Entwicklungen nicht schadlos und auch nicht dauerhaft einfrieren lassen. Bekanntlich werden Innovationen nicht im Mainstream geboren, sondern in dem oft zu Unrecht abgelehnten abweichenden Verhalten – also am Rand der Gesellschaft aus der bunten Vielfalt.

Hier ne Demo – da ne Demo …

In der gestrigen Sendung der ARD „Politik trifft auf Protest – Pegida bei Günther Jauch“ wurde es deutlich:

Dieses Pepita ist kein Gegner, sondern eine kleine Inszenierung eines außerparlamentarischen Widerstandes mit bewahrender und erneuerungsfeindlichen Ausrichtung. Eine Vertreterin, Kathrin Oertel (nicht zu verwechseln mit einer tapferen Frau nahezu gleichen Namens, die ihre Unabhängigkeit behaupten muss „I`m not the Katrin Oertel from PEGIDA and I have nothing to do with this!!!„) hat das deutlich so vermittelt. Sie ist unzufrieden mit der Politik. Sie stimmt den etablierten Parteien im Wesentlichen zu und beklagt schließlich nur, dass die herrschende Politikerkaste den bestehenden Gesetzen gegenüber zu anwendungsfaul ist. Sie sieht auch die Heere von Trittbrettfahrern, die mit naiven oder neurotisch verschleimten Argumenten sich ihrer Gruppe zum Spaziergang hinzu gesellen, ohne eine bedachte Position zu haben.
Offenbar hat sich Pepita unerwartet, ungeplant und feuerschnell als zündende Idee etabliert und nun weiß man nicht, wie man das steuern soll. Damit sich diese Ansammlung nicht bald in Wohlgefallen auflöst, suchen ihre Macher nun doch den Kontakt mit denen, gegen die sie protestieren und machen sich damit dann aber auch langfristig überflüssig. Die etablierten Politiker Spahn (CDU) und Thierse (SPD) empfahlen dann auch, dass sie mit der Unzufriedenheit doch einmal zu „ihrem“ Abgeordneten gehen soll, der in seiner Bürgersprechstunde bereits wartet. Dieser tödlich-arrogante Hauch des bestehenden status quo der Politik auf allen Ebenen, drohte damit das gute an Pepita – nämlich das Bürgerrecht zur Versammlungsfreiheit aktiv zu nutzen – abzuwürgen.
Der aufgezeigte Weg von Herrn Richter (Sächsische Landeszentrale für Politische Bildung), eben keine Streitparteien quantitativ gegeneinander aufzurüsten, sondern individuell das Gespräch zu suchen, also die versäumte (politische) Bildung ergebnisoffen in der Begegnung nachzuholen, erscheint mir da als bester Weg, etwas zu bewegen. Er verwies auf seine teilnehmende Beobachtung und wegweisende Gespräche.
Ich sehe es so, dass eine eigentlich nicht vorhandene Bewegung durch Gegendemonstranten und die zwangsläufig damit verbundene Aktivierung von Gewalttätern mit „rechter“ und „linker“ Gesinnung erst zu einer Bewegung gemacht wird. Dabei bleibt die dringende Glaubwürdigkeit und Reformbedürftigkeit der Politik auf der Strecke. Sie wird durch die streitenden Akteure ausgeblendet.
Es läuft ja gar nicht so gut, wie die Regierung und die sie tragenden Parteien weiß machen wollen. Das Vertrauen der Bürger in den Staat ist so lange gerechtfertigt, wie sie der Überzeugung sind, dass Fundamentalnormen wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit durch die praktische Politik vertreten werden. Wenn aber der öffentliche Politiker Verständnis heuchelt und auf Deibel-komm-raus Fehlentscheidungen rechtfertigt und immer nur sagt, der Bürger hätte ihn nicht richtig verstanden (das Umgekehrte ist meistens der Fall!), dann wenden sich die Bürger ab. Allein die missglückten Versuche zu den Themen TTIP, Maut, Atomkraft, Soli, Steuerreform, Waffenexporte reichen bei weitem aus, sich dem parlamentarischen Weg zunächst zu verweigern, weil der Vertrauensvorschuss aufgebraucht ist. Damit ist dann auch eine Legitimationskrise des parlamenarischen Systems diagnostiziert.
 Freilich muss sich auch der Bürger als Wähler etwas anstrengen, damit neu zu wählende Parlamente besser arbeiten. Bisher ist der Politiker bürgerverdrossen und nicht umgekehrt – zumindest das zeigt Pepita (oder wie das heißt) deutlich.

Dann glaub mal schön …

Es ist jetzt immer zu lesen, dass die friedfertigen Moslems im Gegensatz zu den aggressiven das richtige Religionsverständnis haben.

Ich aber sage euch, dass es eine Überzahl von Christen, Hindus, Buddhisten und Moslems gibt, die einfach nur friedfertig sind und deren Religionsverständnis ebenfalls in der braven Gefolgschaft endet, wie sie in mittelalterlichen Gesellschaften gefordert wird. Sie haben nur „Glück“ gehabt, weil sie vor den Anforderungen der modernen Welt beschützt werden und ihnen der liebäugelnde Blick auf die aggressive Alternative erspart bleibt. Es ist an der Zeit, die Theologien als Herrschaftswissen aufzugeben und das Individuum zu befähigen, selbst- und mitverantwortlich seinen Orientierungspunkt außerhalb dieser Welt selbst auszugestalten.