Lassen sich Fans überhaupt schockieren?

Wir kennen die übertreibenden Schlagzeilen aus der Boulevardpresse. Sie haben dazu geführt, dass man auch unglaublichen Schlagzeilen folgt und bei einer Räuberpistole landet, die aber nur der geübte Leser als Attrappe erkennt. Die Verkaufszahlen machen die Boulevardpresse ingesamt trotzdem reich. Das wird auch dadurch verstärkt, dass man nahezu jede Idee zur Story aufblasen kann, wenn sie leicht zu konsumieren ist und deshalb auf Hintergründe und Zusammenhänge verzichtet. Man schreibt deshalb auch nur wenig. Oft ist die voraussichtliche Lesezeit in Sekunden angegeben.

Zunächst schienen mir andere Pressesegmente sicher vor Texten, die überhaupt nicht zur Überschrift passen wollen. Seitdem aber Klicks Beachtung und Einnahmen bedeuten, hat sich das zumindest bei den Onlineabteilungen der Blätter gewandelt. Und der Spaß an irrsinnigen Überschriften nimmt zu und droht, sogar in die Redaktionsstuben der Printfreunde zu schwappen.

Bisher hatte ich gedacht, dass die Branchen mit den drögen Themen von dieser Entwicklung unbeeindruckt bleiben. Sie mögen zwar alle nicht so gern die Fachprodukte in ihrem Segment schlecht machen, bleiben aber gleichwohl auf der Spur, Sachinformationen auszuliefern und lesergerecht zu bündeln. Für alles andere haben sie keinen Markt. –
Das dachte ich!
Bis ich jetzt lese: „Schock für Samsung-Fans„. Im Text stelle ich fest, dass Handys ohne Kopfhöreranschluß geplant sind. Aha! Der Konkurrent Apple liefert schon lange seine Handys ohne so einen Anschluss aus, ohne dass infolgedessen über eine Schockbehandlung von Fans berichtet wurde. Es gibt nichts zu berichten, aber sie tun es trotzdem.

Sollten wir eines Tages nur unsere eigenen Texte lesen, weil wir uns etwas von der Vermarktung und der unbedingten Zustimmung freigearbeitet haben? Auf der Straße sehe ich mittlerweile viele Menschen, die einsam so vor sich hin sprechen. Sie gehen Begegnungen aus dem Weg und werden auch selbst kaum beachtet.

– Shockproofed!

Das Mysterium der Hosentasche

Jetzt ist es aufgefallen: Frauen haben keine vernünftigen Taschen in den Jeans und anderen Hosen.
Gehen wir mal hypothetisch davon aus, dass Hosen jeweils an ein Geschlecht gebunden sind. Dann bestimmt die Phantasie der Hosenindustrie von der Modalfrau auch, was sie vermeintlich will. Es wird also lange dauern, bis sich die Frau an sich so heterogen am Markt inszeniert, dass die Frauenhose dieser Heterogenität folgt und die Frau bekommt, was sie wirklich will, also beispielsweise Hosentaschen, in denen man so einiges transportieren kann.
Gehen wir einmal von der Hypothese aus, das die Hose eigentlich ein Unisexkleidungsstück ist. Dann steht der Frau direkt die ganz Palette von gehandelten Hosen zur Verfügung und sie kann unter der Abwägung von Geschmack, Passgenauigkeit und Preis wählen, ohne dass beispielsweise die Taschen zu klein sind.
Offenbar besteht das Problem der kleinen Hosentaschen allein darin, dass die Hosenindustrie sich ihre Zielgruppen rücksichtslos zurecht legt, vor allem, wenn sie mit der Handtaschenindustrie kollaboriert. Denn die Handtasche wird als Substitutionsgut für Hosentaschen vermarktet. Es ist nicht einmal auszuschließen, dass die Handtaschenräuberindustie auch noch mit im Boot sitzt.

dick & chic

Habt ihr auch schon die dicke Frau beim Joggen gesehen? Sie wird gerade erfolgreich durch das Sommerloch der Presseberichterstattung gedrückt.

Nun ist ja bekannt, dass dicke Frauen vor allem wegen ihrer inneren Werte geliebt werden wollen. Es ist unverzichtbar, dass sie in ihrem Selbstbildnis ihre Äußerlichkeit nicht abtrennen. Im Sport werden sie sich spezialisieren müssen. Als Läuferinnen riskieren sie ihre Gesundheit und laufen trotzdem hinterher. Als Gewichtheberinnen werden sie eine Chance haben, müssen aber auch dort ordentlich schwitzen. Der Sportler unterwirft sich nun mal den Gesetzen der Physik – bedingungslos!
Nun geht es hier aber um die Homestory eines dicken Models mit der speziell die Dicken angesprochen werden. Sie mögen sowas und sehen das positive Beispiel der Dicken, die einmal nicht klischeegerecht hinterher läuft. Und schon melden sich dünne Frauen zu Wort, sogar dicke Männer und hegen Zweifel, ob der dicke Körper das Joggen schadlos übersteht. Dass erzürnt nun alle dicken Frauen. Sie wollen in der Öffentlichkeit einen Schutz vor der Öffentlichkeit und erklären den Sport dicker Frauen zur Privatsache und fordern ein Ende der Debatte, notfalls auch ein gestandenes Übergewicht als Eintrittskarte zum Gespräch.
Wenn man den Weg der Dicken in die Öffentlichkeit geht – und es ist schon lange überfällig, das zu tun – dann muss man sich auch der Öffentlichkeit aussetzen.
Offenbar geht es aber nur darum, die Dicken auf den Markt zu treiben, weil sich mit ihnen Geld verdienen lässt. Und das besagte Model arbeitet ja auch im Auftrag. Die skizzierte Debatte erscheint auf diesem Hintergrund als eine irrtümliche Reaktion.