Der Beginn der Gegenoffensive 

In den letzten Tagen kommt es mir vor, als warte die ganze Welt auf den Beginn der lange angekündigten Gegenoffensive der Ukrainer gegen die übergriffigen Russen.

In jeder auch nur etwas politisch angehauchten Sendung in Funk und Fernsehen wird jedenfalls nach dem Zeitpunkt gefragt und danach, ob die im Moment zu verzeichnenden Waffenbewegungen der Beleg dafür sind, dass der Gegenangriff bereits läuft. Man wäre ein schlechter Krieger, wenn man seine Waffengänge punktgenau ankündigt.

Das alte Aufrüsten ist jetzt neu

Wer Putin nicht so richtig kannte, wird ihn in den ersten Wochen des Krieges auch nicht so richtig kennengelernt haben. Okay – er geht über Leichen. Was ihn dazu anregt oder davon abhält weiß nur der Teufel. Sein letztes konventionelles Kapital ist, dass die Öffentlichkeit im Bereich seiner Gegner gegensätzlich spekuliert, wie man seine Gefräßigkeit unterbinden kann. Wenn man dagegen hält, dann schielt er vermutlich auf die Atombombe, wenn man ihn besänftigt, dann frisst er generalstabsmäßig alle konventionell auf. In dem Dilemma hat er alle Humanisten und Demokraten als Widersacher. Er wird sich jedenfalls freuen, wenn die einen so und die anderen anders sagen. Dazwischen würde er vermutlich gern ungestört weiter machen.

Der fundamentale Paradigmenwechsel der letzten Wochen, dass nämlich die Humanisten und Demokraten selbst äußerst streitbar auftreten müssen, wenn sie nicht eine nach dem anderen zur Schlachtbank geführt werden wollen, ist unumgänglich. Boykott und Kampf sind neuerdings angesagt, auch wenn man die Werkzeuge für Boykott und Kampf eingemottet hatte. Alles andere ist nur Briefeschreiben für einen Berg ehrenwerter Texte, der darauf wartet, zu gegebener Zeit als entartet verbrannt zu werden.