Meine rote Liste

Ich bin immer schon ein Freund von Kunst und Kultur.

Aber muss ich es mir gefallen lassen, dass ein bestimmtes Theater – das ich immer wieder gern besuche – für sich das ins Spiel bringt, was ich eines Tages zu vererben haben werde und das so als kleine Anregung rüberbringt?

Das Vererben ist ja eine ganz persönliche Sache, also eine freie Willensentscheidung ohne wenn und aber. Für ein Testament sollte auch eigentlich niemand die Marketingabteilung eines Theaters kontaktieren.

Ich wehre tagtäglich angeblich innovative Neuentwicklungen ab, die mir Gesundheit, Schönheit, Erlebnisse, Knabbereien und den ultimativen Kick gegen Geld versprechen. Hinzu kommen alle möglichen, oft auch international agierenden Caremaschinen, die bei mir mit Gründen etwas abschöpfen wollen. Dies nicht nur zur Weihnachtszeit. Die Abwehr dieses übergriffigen Marktgeschehens ermüdet mich, weil es sich fortsetzt und kaum gestoppt werden kann. Ich sollte eine rote Liste führen. Letztens wollte mir gar zu meinem Glück jemand gegen lebenslanges Wohnrecht irgendein Haus abschwatzen.

Und nun reiht sich auch das Theater ein. Sie sollen dort wissen: Ich erwarte Respekt bis zum Tod und mag keine verstohlenen Blicke auf meine Geldbörse – bei aller Großzügigkeit.

So ein Theater

Landauf, landab versuchen DITIB-Gemeinden, die sich immer ungenierter als verlängerter Arm des türkischen Präsidenten Erdogan hervor tun, das Theaterstück „Son Kale Türkiye“ zur Aufführung zu bringen. Offenbar glorifiziert das Stück die hinlänglich bekannten Deutungen Erdogans rund um den gescheiterten Putsch gegen ihn im letzten Jahr.

Meistens kommt es jedoch erst gar nicht zur Aufführung, weil die Betreiber der ausgewählten Bühnen der vermittelten antidemokratischen Weltsicht kein Sprachrohr liefern wollen. Rein rechtlich gibt es allerdings keine Bedenken. Kunst und Kultur sind frei. Was ein gutes Theaterstück ist, weiß man auch nur, wenn man mit Gewinn auch ein schlechtes gesehen hat.
Als bekennender Freund schlechter Stücke und auch schlechter Inszenierungen bin ich entschieden auch für die Aufführung dieses Stückes. Es fällt in den Bereich der Toleranz und Vielfalt, die das demokratische Gemeinwesen prägen. Es wäre allerdings sinnvoll, den Aufführungen jeweils eine Pressevorführung vorzuschalten, damit die Auseinandersetzung zum Stück auch öffentlich stattfinden kann. Sonst bleiben eben nur die Theaterbesucher mit Fanschals und Fähnchen unter sich, die überhaupt nicht daran denken mögen, was da alles kontrovers gedeutet werden könnte. Ich würde mir das Stück auch mal gern ansehen. Es ist doch sicherlich zweisprachig!?