Politik als Fußballspiel

Es geht mir nicht aus dem Kopf und deshalb schreibe ich es auf.

Wir suchen ja stets danach, mit Vergleichen argumentieren zu können, damit man uns zuhört. Es ist immer spannend zu hören, ob so ein Vergleich auch hält oder hinkt. Und wenn die Aufmerksam flächendeckend sichergestellt werden soll, dann nutzten wir immer gern den Fußballsport.
Am Wahltag (22. September 2013) war es auch so. Zunächst sagte wohl der Bundeskanzlerkandidat der SPD, Herr Steinbrück, der Ball liege nun in der Spielhälfte von Frau Merkel, der Bundeskanzlerin. Deshalb müsse sie nun den nächsten Spielzug der Koalitionsverhandlungen einleiten. In unzähligen Interviews mit bisherigen Oppositionspolitiker tauchte der Fußball an diesem Tag in den Medien immer wieder auf, und mit unwesentlichen Abweichungen sagten alle das selbe. Bis Frau Schwesig kam! Sie ist im Kompetenzteam von Herrn Steinbrück. Sie bestand darauf, dass der Ball nun bei Frau Merkel „im Tor“ liegt … Da hat sie doch wohl ein Eigentor geschossen! – und belegt, dass sie jedenfalls in Fragen des Fußballs vom Expertenstatus sehr weit entfernt ist. Ich glaube nicht, dass die regierende Welt des Fußballs so etwas jemals verzeiht.

Über diverse Clowns

Der deutsche Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat unter der Vorgabe, Klartext zu reden, die italienischen Spitzenkandidaten Berlusconi und Grillo als Clowns bezeichnet und wurde umgehend vom italienischen Staatspräsidenten Napolitano, einem Kommunisten, zurückgewiesen – am 27.2.2013. Ein geplantes gemeinsames Abendessen fand nicht statt.

 Wer sich der Welt der Gaukler und Clowns nähert, merkt allerdings schnell, dass der soziale Status des Clowns deshalb sehr hoch ist, weil er zum Zweck der Erkenntnisse Tabus bricht und Grenzen überschreitet. Gaukler und Narren waren nicht selten die letzten verbleibenden Ratgeber einsamer Herrscher bei Hof. Die Musikerin Sophie Hunger brachte das noch kurz vor der neuen Clowndebatte im NDR-Talk „3 nach 9“ sinngemäß auf den Punkt. Sie habe schon früh in der Familie gelernt, dass der Clown in der sozialen Bedeutung doch sehr viel höher einzuschätzen sei als der Bänker. (Man hört das in ihren Liedern.)

Beppe Grillo, verwachsen mit der Commedia dell’arte, wird nichts Schlimmes daran finden, als Clown verstanden zu werden. Im Gegenteil! Silvio Berlusconi ist dagegen ja nur bekannt für sexuelle Übergriffigkeiten, unangemessene Nazivergleiche und Vetternwirtschaft. Er ist also kein Clown. Seine platte Selbstinszenierung ist der Zweck, den er anstrebt. Da wendet sich nichts zum Besseren. Das Zeug zum Clown hat er leider nicht!

Es bleibt, dass Herr Steinbrück einen reformbedürftigen Clown-Begriff hat, wenn er Grillo und Berlusconi gleich setzt. Angesichts des Elends und anderer Probleme in der Welt, erscheint mir das allerdings wenig bedeutungsvoll. Okay – man kann darüber sprechen.

 Dass nun mancher Italiener den Beleidigten spielt, erinnert doch etwas an den Nationalstolz vergangener Jahrhunderte und die historischen Projektion, der jeweils andere wolle nur Böses und man möge sich zum kriegsvorbreitenden, nationalistischen Säbelrasseln zusammenfinden. Auch das jetzt vorgetragene Argument, die eigenen Angelegenheit der Italiener dürfe erst gar kein externes Thema sein, entstammt längst überwundenen Zeiten. Zuletzt mit der weltumspannenden Blockbildung in der Zeit des kalten Kriegs wurde eine Nichteinmischung als Doktrin gebraucht.

Zum Glück sind heute viele Grenzen offen und man spricht beiderseits über die gleichen Themen. Es ist doch nicht einzusehen, dass diese Freiheiten für Politiker nicht gelten, zumal sie ja bereits grenzenlos Verelendung über Haushaltsdisziplin und Bankenrettung betreiben.

Grillo ist ein Clown, Berlusconi ein gnadenloser Showman und Peer Steinbrück hoffentlich auf einem guten Weg, ein wirklich guter Clown zu sein.

In Italien wird der Clown übrigens für wegweisende Entscheidungen offen bleiben. So ist er definiert!