Namensalat

Ich vertrete ja gern offen meine Ansicht, dass man über Eigennamen keine Witze machen soll, weil man sich seinen Namen ja nicht selbst aussucht und also nichts dafür kann, dass man damit gekennzeichnet ist.

Nun ist es aber so, dass es immer wieder Vorkommnisse gibt, die sich ungerecht auf Namen verteilen. Es ist ewig lange her, als ich mit vielen Menschen auf den Referenten namens Reuter wartete und jemand dann sagt: „Reuter – Reuter ist wie Meier — großes R …“ und alle mit kurzer Verzögerung loslachten. Beide Namen sind für mich seitdem dauerhaft mit Eiern und Eutern besetzt und nicht neutral zu benutzen. Ich kann nichts dazu.

Mein eigener Name stößt auch auf viel Unverständnis. Ich heiße Ortmann. Allein, dass mein Name mit einem Vokal anfängt, zwingt uns bei der Aussprache zu einem heftigen glottalen Plosiv, noch bevor das O sich weich in die Aussprache einschmiegt. Wer meinen Namen hört, gewinnt schnell den falschen Eindruck, da würde mit einer Nachlässigkeit ein ganzer Konsonant abgeräumt. Und prompt neigt der Hörer dazu, irgend einen Konsonanten am Anfang des Namens gehört haben zu wollen. Ganz traurig war es mit dem Herrn O der sich mir einmal vorstellte. Er war Koreaner. Ich wartete vergeblich auf die Nennung seines Namens, auch als er ihn schon in vollständiger Länge vorgetragen hatte. Das Publikum feixte schon. Er war verzweifelt und trotzdem gezwungen, das alles irgendwie lustig zu nehmen, wenn er außerhalb Koreas Fuß fassen wollte.

Mein Name hat – wie jeder Name – eine festgelegte Abfolge ganz bestimmter Buchstaben. Aber stets sagen die Leute: „Mit oder ohne H?“ Würde der Name mit H geschrieben, brauchte ich nur ja zu sagen. Nun hat mein Name aber überhaupt kein H. Ich erlebe die Frage so, als würden die Leute fragen, ob der Name denn mit Y geschrieben wird. Wo sollten denn solche Buchstaben her und hin kommen? Weil das H ja auch stimmlos genutzt werden kann, könnte das H ja überall stehen, ohne dass man es so einfach heraushören würde. Es könnte zusätzlich dort stehen, aber auch im Austausch mit anderen Buchstaben, die etwas im Sprachgebrauch untergehen, wie etwa Doppelbuchstaben. Welche anderen Buchstaben auch noch lauern, das weiß ich nicht.  Das H ist mir jedenfalls sehr verdächtig. Ich bewältige die Situation immer mit der Kurzbezeichnung „Ort wie Dorf und Mann wie Frau“. Dann wechsle ich das Thema und rede über pigmentierte Hautfarben.

Danach bin ich dann unweigerlich wieder mit dem erschütternden glottalen Plosiv befasst und versinke in einer depressiven Stimmung. Allen Bürgern mit dem Anfangsbuchstaben O im Namen rate ich, eine Selbsthilfegruppe zu gründen oder mit namenändernder Absicht eine neue Lebenspartnerschaft einzugehen. Allen Bürgern, die vor einer H-Implantation überwältigt werden, rate ich, Reißaus zu nehmen.

Wenn meine Stimmung einmal wieder auf dem Siedepunkt sein sollte, werde ich über meine Erlebnisse mit den Herren Hrb, Przybiski und Gfreiter berichten. Aber dazu wird es vermutlich nicht kommen.