Zum Untergang des Brötchens

Brötchen aus der marokkanischen Wüste …

Dass früher alles besser war, trifft nicht zu, außer bei Brötchen! Früher hatte man so seinen Lieblingsbäcker der sich auf Brötchen verstand. Dann irgendwann musste man ihn wechseln, weil der Niedergang des Brötchens Fahrt aufnahm. Bei weich aufgeblasener Krume zerbrach die Kruste immer laut im Biss und hinterließ hässliche Blutspuren an den Mundwinkeln. Ich bin dann vorsichtig geworden, habe um mich herum einen Splitterschutz aufgebaut und zur Not auch manchmal auf der Straße gegessen, um dem wertvollen Teppichen die scharfkantigen Splitter zu ersparen.

Man sagt ja, dass mit dem Aufkommen der Backkonzerne mit deren branchenüblichen Halbfertigprodukten nach und nach auch die kleinen Bäckereien geflutet werden. Hinter der Handarbeit verstecken sich der Preisdruck und eben haufenweise Industrieprodukte. In der Praxis wird das gute Brötchen umdefiniert, weil die Erinnerung daran verblasst. Manchmal kann man zum Höchstpreis Spezialbrötchen kaufen, die etwas besser sind, aber den Normalverdiener vom Kauf abschrecken. Ich bin nun in einer Phase, in der ich bei jedem unbekannten Bäcker ohne nachzudenken Brötchen kaufe. Danach bin ich bisher immer stärker verletzt, innerlich und äußerlich. In der nächsten Phase werde ich die Brötchen dann selbst backen.

Meine Erinnerung geht zurück an die unmittelbare Nachwendezeit. Auf einer Radtour habe ich im Raum Dresden eine kleine Bäckerei gefunden. Die Brötchen waren klein und kompakt, aber auch schwer. Nach meinen damaligen Ansprüchen waren sie unansehnlich. Doch dann ging es um Mundgefühl und Geschmack: Ich habe nie zuvor und auch nicht danach Brötchen gegessen, die leckerer und besser waren. Zudem waren sie auch noch preiswert.

Ich sage das jetzt alles nur, weil ich gern das Bild eines Brötchens aus der marokkanischen Wüste zeigen will.