Früher war der Gipfel oben

Wir haben ja eine repräsentative Demokratie. Wir wählen Parteien und Abgeordnete, die für eine gewisse Zeit für uns das Geschäft der Politik betreiben. Wenn uns das nicht gefällt, dann wählen wir andere.

Mittlerweile hat sich eine Mode der Gipfeltätigkeit herausgebildet, international und national. Während noch vor kurzem Horden von Wirtschaftslobbyisten einen Ausweis zum Betreten des Bundestages hatten, wurden mittlerweile die gern gesehenen Gäste der Abgeordneten kurz umgelegt. Denn die Volksvertreter versuchen nun mehrheitlich den Sachverstand der Wirtschaftsvertreter in sogenannten Gipfeln zu nutzen. Da treffen sich dann an gut bewirteten Orten Dieselgipfel, Digitalgipfel, Kohlegipfel, Islamgipfel und so weiter. Der Gipfel gilt als Inbegriff des Ziels, und wird manchmal sogar noch, surrealistisch überhöht, wenn sich beim Gipfeltreffen gleich mehrere Gipfel treffen.

Nun ist es so, dass dort die Wirtschaftsmächtigen auf Regierungsvertreter treffen, mittlerweile gern auch etwas angereichert durch fröhlich wirkende Vielfalt von Interessenverbänden, die nichts mit der Wirtschaft gemein haben. Weitere Widersacher stehen meist ganz vor der Tür.
Die Konstellation ist, wenn man von den unbeachteten Positionen absieht die, dass die Regierung in allen Gipfeln die Lebensqualität verbessern will, sich dann aber von der Wirtschaftsvertretern leider vorrechnen lassen muss, dass das so einfach nicht geht und dass es geradezu in einem Horrorszenario enden wird, wenn man nicht dem guten Weg der Wirtschaft folgt und politisch anders entscheidet. Gleichwohl gibt es geschickte Formulierungen, die eine Annäherung beider Seiten beinhalten und als Gipfel des Prozederes sogar einen Abschlussbericht zulassen, der nicht nur beide Positionen versöhnt, sondern auch den Volksvertretern die Arbeit abnimmt, nämlich Entscheidungen zu treffen, die meistens als Gesetze wirksam werden. Gipfel sind also auch so etwas wie das Outsourcen der Parlamentsarbeit. Man ist sich bei diesem Verfahren sicher, dass der kritische Ruf der sonstigen Experten bald verhallen wird. Wenn nämlich, wie fast jedes Mal, der nicht unbedeutende Verlust von Arbeitsplätzen zum Szenario gehört, dann sind Konzerne und die mit ihnen befassten Gewerkschaften ganz, ganz nahe beieinander und die Mitarbeiter für Sie demonstrierend unterwegs.

Ich würde mir wünschen, dass die Abgeordneten ihre Arbeit machen, frei überlegen, wie und wo sie sich sachkundig machen und dann im vorgesehenen Parlamentsbetrieb Entscheidungen treffen.

Ich werde Ihnen jetzt mal etwas mehr auf die Finger gucken. Gipfelgänger haben es schwer, von mir gewählt zu werden. Und die Gipfelergebnisse wären ja auch nicht erwähnenswert, wenn sie nicht selbst beinhalten würden, dass sie den Wert einer Etappe zum Gipfel, also bereits den Gipfel in sich haben und auch sonst unheimlich beachtenswert wären.