Die blöden Sportreporter

Was gehört eigentlich so zum Aufgabenspektrum der Sportreporter? Sie stellen immer so viele unbedeutende und oft auch unbeantwortbare Fragen.

Ich stelle mir vor, dass ich ein Skispringer bin und dass mich einer dieser Sportreporter fragt: „Wie gehen sie mit dem Wind um?“ – Was sollte ich denn da sagen?

Abgehende Winde sind mir immer noch am liebsten und ich tue so, als ob sie mir gleichgültig sind.
„Es ist schon so:  Die Fragen sind es, aus denen das, was bleibt, entsteht.
Denk an die Frage deines Kindes: „Was tut der Wind, wenn er nicht weht?“
Erich Kästner

Marco „Rolls“ Reus

Der Fußballspieler ohne Fahrlizenz in der Geilkurve hat keine Dummheit gemacht! Er hat sich rücksichtslos über Gesetze und Regelungen für den Straßenverkehr hinweg gesetzt. Ohne Führerschein ist sein Risiko eines Unfalls nahezu maximiert und vor allem das Leben der Mitmenschen in Gefahr. Trainierte Reflexe ersetzen den Führerschein nicht. Der Spieler kann nichts dazu, dass sein Vermögen möglicherweise ausreichen würde, die Folgekosten eines Verkehrsunfalls selbst zu zahlen. Dass Fußballspieler zu viel verdienen ist ja nun klar. Das Bußgeld gegen den Spieler Reus addiert sich nämlich zu eine halben Million Euro. Das sind 90 Tagessätzen seines Einkommens. Es ist unmittelbar einsichtig, dass selbst eine sehr hochwertige Leistung im Sport solche Einkommenshöhen nicht rechtfertigt. Das Einkommen steht in keinem gerechten Verhältnis zu den Einkommen anderer Menschen, die nicht weniger Einsatz zeigen, um sehr viel weniger Einkommen zu erzielen. Schuld daran sind die Spieler allerdings nicht. Dort, wo der Markt entfesselt ist, wird nach Angebot und Nachfrage bezahlt. Die Vereine requirieren über Sponsoren, Übertragungsrechte, Fanartikel und vor allem durch die zahlenden Fans und kostenlose Dienstleistungen aus öffentlichen Mitteln solche Mengen Geld, dass sie die besten Spieler im Idealfall nicht nur kaufen, sondern sogar auf die Reservebank setzen können, damit sie der Gegner nicht kauft.

Bereits die Auswahl der Fahrzeuge, die Sportler so fahren, zeigt, dass die hoch gehandelten Sportler mit Geld überversorgt sind und es nicht einmal merken. Gerade im Fußball schleicht sich deshalb schnell ein Unverwundbarkeitssyndrom ein, und die irre Erkenntnis, man könne sich mit Geld die Welt käuflich gestalten. Die öffentliche Berichterstattung lebt davon, dass man auch darüber wohlwollend berichtet und arbeitet mit an der Heldenschnitzerei mit zugeordneten schmalen Spielerfrauen. Wir kennen das Syndrom von führenden Mafiosi und den weltläufigen Oligarchen im Konsumrausch. Besonders deutlich wird das aber bei dem für Fußballer immer noch als vorbildlich gehandelten Herrn Höneß. Der hält sich bis in den Justizvollzug hinein für einen Gutmenschen, der ab und zu sein überflüssiges Geld abgab. Mit dem geldfundierten Image des Gutmenschen konnte er dann aber noch mehr Geld verdienen. Er verlor sich schließlich in einem selbst gemachten, anscheinend rechtsfreien Raum, in dem er nicht nur alles kaufen, sondern auch alles unbegrenzt gestalten könnte, bis er als kleine kriminelle Wurst aus dem Verkehr gezogen wurde. Das hindert die kapitalverwöhnte Sportlergilde nicht daran, seine Rückführung in den Geld- und Machtapparat ziemlich geschmacklos als Resozialisierung zu verkaufen. Man stelle sich nur vor, wie er in der Jugendabteilung „seines“ Vereins unangenehm auffällt, weil er die Stutzen nicht richtig gewaschen hat. Dass seine alte uns seine neue Rolle im selben Verein unvereinbar sind, das wird bisher kaum bedacht.
Das eigentümliche Verhältnis von Geld und Glück entpuppt sich als schwieriger als wir es je vermutet haben. Viele sind bereits vom Unverwundbarkeitssyndrom infiziert. Eine Therapie würde eine Bereitschaft zur Mitarbeit voraussetzen. Die wird aber im Musterfall Höneß nicht nachgefragt. Nun ist das Syndrom bereits bei Reus offen in Erscheinung getreten. Bei anderen wird es noch verdeckt sein. Die Dunkelziffer könnte höher sein als wir wahrhaben wollen. Wir wünschen Herrn Reus gute Besserung und trösten uns damit, dass die betroffene Population doch sehr klein ist und deshalb eine Epidemie unwahrscheinlich. Trösten wie uns damit, dass Burnout und Depression als vereinigtes Zeitgeistsyndrom die Kehrseite der selben Sache markieren. Sie sind gefährlicher, weil man daran auch ohne Geld leidet. Geld würde uns also lediglich nutzen, die Erscheinungsform zu wechseln:

Tausche Depression gegen Unverwundbarkeit!

Doping: Mensch Sportsfreund

Jetzt steht eine gesetzliche Regelung bevor, die das Doping bestrafen soll. Der Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes liegt bereits beim zuständigen Innenminister. Das Gesetz soll die dopenden Sportler und ihre Helfer treffen. Es handelt sich um eine seit Jahrzehnten verzögerte Reaktion auf die ungleichen Bedingungen von Sportlern.

Dabei wird zunächst nicht beachtet, dass es weitere Ungleichheiten zwischen Sportlern gibt, die trotzdem weiterhin über Sieger und Verlierer mit entscheiden, ohne dass sie justiziabel sind. Dabei geht es vor allem um mehr oder weniger begünstigende genetische Bedingungen und um mehr oder weniger belastende Lebens- und Trainings- und Förder- Bedingungen. Die Ungleichheiten im Leben und auf der Welt spiegeln sich in gewisser Weise auch im Erfolg von Sportlern.
Es sind nicht nur die Spitzensportler in ihrer geldwerten (Selbst-) Vermarktung herausgefordert, der käuflichen Leistungssteigerung mittels Doping zu widerstehen. Bereits bei jungen Amateursportlern ist es nämlich üblich, einen Leistungszuwachs mit Drogen möglich zu machen. Häufig wird das Doping bedenkenlos als Teil des Sports eingeschlichen und schmackhaft gemacht.
Eigentlich darf sich jeder Mensch mit Bezug auf die Menschenrechte bis zum Tod selbst zugrunde richten. Insofern ist das Interesse des Staates an einem Dopingverbot zweifelhaft. Offenbar sind der Sport und seine Großereignisse, wie die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaften und die ganze Zulieferindustrie für den Sport mittlerweile ein Wirtschaftszweig mit gigantischen Umsätzen und weltpolitischer Bedeutung. Der Sport führt mittels seiner Vereine, Liegen und Verbände ein Eigenleben und versucht weltweit so viel Geld wie möglich zu generieren. Schon längst werden die Sportarenen auch in armen Ländern vom eher armen Steuerzahler finanziert und die Großverbände des Sports setzen zweifelhafte moralische Maßstäbe, die ihre Selbstgefälligkeit und die Selbstgefälligkeit ihrer Funktionäre absichern. Kritik ist nicht erwünscht.
Bereits seit Jahren werden Fachwissenschaftler mit Hektolitern von Urinproben überschüttet. Man würde ihnen eine erfülltere Tätigkeit wünschen, anstatt Urinproben in einem Pool zusammenzuführen, weil sie mit der Einzeldiagnose nicht mehr nachkommen. Sie setzen jedoch pseudowissenschaftliche Maßstäbe zur Bestimmung der Grenze zwischen Doping und unbedenklichem Sport. Sportwissenschaftler und Sportmediziner verlieren immer mehr den gesunden Menschen aus dem Auge und versuchen lieber die überforderte Sehne des Zehnkämpfers bis zum Sieg zu stabilisieren oder – um im Bild zu bleiben – generieren nachweisresistente Urinproben. Die Überwachung der Sportler alarmiert bereits die Datenschützer. Wer im Psychodrom des Hochleistungssport ganz nach oben will, der wählt die Interpretation, dass das alles zu seinem Wohl so eingerichtet ist. Er reklamiert keine Freiheitsrechte. Das bringt Geld und ist systemkonform so vorgeschrieben.
Die aktuelle Initiative des Gesetzgebers steht offenbar in einem Rechtfertigungszusammenhang mit der skizzierten aktueller Sportwirklichkeit und folgt der vorformulierten, aber falschen Hypothese, die perfekte Grenzziehung und Kontrolle würde dem Sport zur überdauernden Glaubwürdigkeit mit gerechten Messergebnissen und zum ungebremsten Zuspruch der Massen verhelfen. Denn es ist ja nun seit langem klar, dass gegen die Droge hier und dort kein Kraut gewachsen ist, das den Gebrauch von außen kontrolliert anstatt der Vernunft des Einzelnen zum Durchbruch zu verhelfen.

Ich spreche dafür, dass der Staat dem Doping gleichgültig gegenüber tritt. Es kann sein, dass sich irgendwann eine nekrophile Minderheit am tödlichen Kollaps kurz vor dem Ziel erfreut. Der Radsport bietet sich ja mit seinen Großereignissen bereits dafür an. Insgesamt wird allerdings der Breitensport, bei dem jeder gegen sich selbst und nicht gegen einen irgendwie bevorteilten Gegner kämpft, dadurch an Zulauf gewinnen. Der Breitensport bleibt zudem preiswert und gesund.
Die Paralympics zeigen mit ihrem immer mehr zu differenzierenden und grotesken Leistungsklassensystem, dass individuelle Voraussetzungen stets so unterschiedlich sind, dass sie gar nicht sinnvoll klassifiziert werden können. Deshalb ist jeder ein Sieger. Und das ist auch gut so!

siehe auch

Eigentor!

Früher, als ein Eigentor noch ein Selbsttor war, hat man sich damit keine Mühe gemacht, sondern gegebenenfalls nur geschämt.

Heute titelt der Tagesspiegel
Christoph Kramer und das Eigentor des Jahres

Es ist also so weit, dass man sich in Zeiten der Eigentore mit einem Lächeln schämt und direkt schon den obersten Ranglistenplatz der schönsten Eigentore beansprucht.
Aus circa 45 Metern den eigenen Torhüter zu überlupfen, das ist schon eine Kunst!
Als der Torhüter noch Torwart hieß, waren Ballrückgaben noch selten. Man spielte nach vorn, nicht nach hinten.
Was den Christoph Kramer auch immer geritten haben mag, es bereichert auf alle Fälle den Fußball!

Nachtrag:

Damit war ja zu rechnen!
Die Welt zeigt die ganze Hitparade der Eigentore

Der Herrscher [Hakan] als Opfer

Der naive und dämliche Auftritt von Hakan Calhanoglu im letzten Aktuellen Sportstudio des ZDF gab einen Einblick in die Lebenswelt der Bundesligaprofis in voller Breite und Tiefe – und in das Seelenleben des Spielers selbst.

Wenn das intelligente Spiel verbal nicht ebenso souverän begleitet werden kann, dann würde eine Schulung durch das Management und den Verein, wie es jetzt vorgeschlagen wird, der falsche Weg sein.

Ich will doch nicht noch einen Fußballer hören, der im Interview mit vorausgewählten Worten nichts sagt. Entweder sollten wir uns an der offenbarten Vielfalt erfreuen, auch wenn sie manchmal etwas deprimierend ausfällt, oder die Journalisten sollten Verantwortung übernehmen und eben auch einmal das Interview beenden, wenn sich da jemand um Kopf und Kragen redet oder jeden Inhalt vermissen lässt.

Ein Hindernis zu viel!

Ich neige zur Toleranz, befürchte aber, dass demnächst alle auf der Zielgeraden Schwimmflossen anziehen, mit einem Bogen Pfeile in die Luft schießen und dabei im Gangnamstyle tanzen.

Warum?

Bei der Leichtathletikeuropameisterschaft zog gestern der Franzose Mahiedine Mekhissi-Benabbad beim 3000 Meter Hindernislauf, deutlich in Führung liegend, kurz vor der Zielgeraden bereits das Hemd aus – und wurde disqualifiziert.

Hurensöhne

Der Fußballspieler „Schweini“ Schweinsteiger singt vor einer Kamera über Dortmunder Hurensöhne, entschuldigt sich dann aus dem Urlaub per Video dafür und die Dortmunder finden das ganz ok so und bieten Gesangsunterricht an —

Das erinnert doch stark an den rheinische Katholizismus: Man darf im Suff alles ungestraft machen, wenn man anschließend nur ordentlich beichtet und zur Strafe etwas von Helene Fischer singt.
Warum ist die Fankultur auch für Weltmeister in der Kreisklasse stecken geblieben?

Finaler Kick!

Dass die Weltmeistermannschaft bei ihrem finalen Auftritt am Brandenburger Tor Helene Fischer zum musikalischen Mittelpunkt ihrer Welt inszenieren lässt, mag ja noch als ein unbedeutendes Nebenprodukt des vieldiskutierten Teambuilding in der Abgeschiedenheit toleriert werden. Dass die Mannschaft im Shirt uniformiert auftritt, dann aber die Individualität der diversen Protagonisten über Beinkleider, Brillen und Mützen zur Show stellt, mag noch als fußballnahe Ästhetik gedeutet werden können. Dass und wie die Mannschaft aber die „Deutschen“ von den „Gauchos“ in einer Darbietung optisch und akustisch absetzen, erinnert jedoch allzu deutlich an die in der Interpretation umstrittene erste Strophe des Deutschlandliedes. Die Darbietung war dann doch zu sehr am rücksichtslosen nationalistischen Massengeschmack ausgerichtet. Mich erschreckt, dass so etwas anstandslos durch läuft.

1 Nachtrag:

Ich habe in den letzten Tagen an verschiedenen Stellen in den sozialen Netzwerken meine Verwunderung zum Ausdruck gebracht, dass der nationalistische Hype der WM-Trunkenheit die Stellungnahme scheut. Dass das Kollektiv der Nationalmannschaft in tumben Tänzen ihre Überlegenheit so zeigt, dass sie auch die unterlegenen Argentinier parodiert ist mir dabei nebensächlich, wenn auch beispielhaft dafür, dass der Fan das rücksichtslos gut zu finden hat.  Interessant finde ich aber die Reaktionen auf meinen Text. Überwiegend werde ich ganz am Text vorbei so gelesen, als würde ich den Spaß am Fußball nationalsozialistisch deuten und Verfehlungen im Freudentaumel bestrafen wollen. Es wuchern sogar Mutmaßungen über mein Seelenleben in der ideologischen Einsamkeit, meine fußballferne Bitternis und es gibt den Wunsch, ich möge der Meinungsbildung erspart bleiben. Kurz: Nahezu alle Kommentare orientieren sich an Mutmaßungen, die keinen Anker in meinem Text beanspruchen können und schweifen unter die Gürtellinie ab. Alles in allem gewinne ich den Eindruck, dass das archaische Kulturverständnis von einem im Kampf überlegenen Protagonisten auf Deibel komm raus mental und kollektiv gestärkt und über den legitimen Ort des Sports hinaus verlängert wird. Die Fußballkultur hat sich so etabliert, dass sie notfalls sogar auf den Sport verzichten kann. Sie sucht Bündnisse mit einer Popkultur und zeigt die Tendenz, abweichende Kultursegmente grundsätzlich anzufeinden und dabei auf die Mittel des Kampfes zu setzen, die ja nie zimperlich ausgerichtet werden und die die Verständigung als unsportlich ausschließen.   Damit werde ich in meiner Ausgangsthese bestärkt, dass nationalistische Überhöhungen zum Massengeschmack werden und keinen Widerspruch dulden.   Dabei muss man sich den Widersprechenden als einen fröhlichen, zugewandten und kreativen Menschen vorstellen. Die öffentlich rechtlichen Massenmedien sparen bisher in der Berichterstattung meistens den „Gaucho -Tanz“ aus. 

2 Nachtrag:   Ohne Gegner wäre der Fan hilflos. Deshalb sucht er einen. Dabei ist es letztlich gleichgültig, ob dieser überhaupt mitmachen will … Das erinnert an einen kleinen Kampfhund, der „einfach nur spielen“ will …       Wenn man Angst auslösen will, dann sagt man: „Du brauchst keine Angst zu haben!“   Wenn man eine Debatte anheizen will, dann sagt man: „Hört auf, ich will davon nichts mehr hören!“   Weniger ist mehr!  

Frisch gestrichen!

„Frisch“ ist eines der merkwürdigsten Adjektive. Es ist unmittelbar verständlich, wenn es um Obst geht. Je größer die Distanz zum Obst ist, um so merkwürdiger sind die Verwendungen. Gerade machen sich die frisch gebackenen Fußballweltmeister in einer Bank frisch (ZDF WM Live 15.7.2014). Manche sind gar frisch verliebt, werden auf frischer Tat ertappt und sind dann wohl irgendwann auch frisch gestorben. „Frisch“ erscheint mir als ein extrem hoch bewerteter Ausgangspunkt, der unweigerlich und zügig rückstandslos verfällt. So gesehen erscheint mir das Adjektiv „frisch“ als fröhlich geschminkter Hinweis auf eine nekrophile Weltdeutung.