Lecker Ayran

Die völkerübergreifende Dehnbarkeit des Begriffs Beleidigung ist bemerkenswert.

An manchen Orten gibt es gar keine Beleidigung. Selbst wenn man es will, geht es nicht. Man kann also sagen, was man will und bekommt eine passende Antwort.

Die Entkriminalisierung solcher Ehrdelikte ist weit fortgeschritten.

In der Türkei kann man dagegen derzeit sogar Ayran, das türkische Yoghurtgetränk, beleidigen. Das ist aber sehr, sehr teuer! 

Es wäre doch wirklich gut, wenn wir uns alle ein kleines bißchen mehr beleidigen könnten: Du beleidigst meine Schwester und ich beleidige dein Ayran!

Und so weiter …

 

Pommes als Maßstab

Pommes
Wenn die TAZ heute, die Bildzeitung zitierend, schreibt, dass die Pommes kürzer werden, weil auf die Wirtschaft ein Minuswachstum zukommt, dann wird das wohl stimmen.
Das bringt mich aber auf eine andere Idee, die nicht beim Wirtschaftswachstum, sondern bei der Kaufkraft ansetzt:
Es wäre sehr bürgernah, zunächst die Normlänge der Pommes auf sagen wir mal 10 cm festzulegen und dann, je nach der Entwicklung der Kaufkraft, die Pommes immer wieder ein Bisschen proportional einzukürzen oder gegebenenfalls auch zu verlängern. Der Bürger hätte damit tagtäglich einen Maßstab vor Augen, der den Wert seines Geldes und das zugehörige Magengefühl direkt und alltagspraktisch ausdrückt und verständlich macht.

Der Name des Brotes

Brote sind mit gutem Grund ein nur schwer verzichtbares Lebensmittel. Die Brotsorten gehen in die Tausende. Früher wurden Brote nach dem Herstellungsverfahren, nach den Zutaten und später dann oft nach den Orten bezeichnet, an denen sie ursprünglich besonders viel Beachtung fanden. Es war bei der Verständigung im Bäckerladen alles noch sehr einfach. Selbst Zugereiste auf fernen Ländern konnten ohne weitreichende Probleme mitreden.

Mittlerweile ist es anders. Man verlässt mit dem Eintritt in den Bäckerladen seinen angestammten Sprachraum weitgehend und lässt sich mit Backwerkbezeichnungen eindecken, für die es kein allgemein gültiges Wörterbuch gibt. Man ist also sprachlos zwischen Weltmeisterbrot, Fitnessbrötchen Mini-Sonne, scharfem Griechen, Nonnenfurz und Ostblock. Es ist offenbar so, wie es auf Speisekarten schon länger üblich ist: Es werden Kosakenzipfel kreiert und sie dürfen vom Foodartisten dann so ausgerufen werden. Er bastelt also, um es im Jargon der Betriebswirtschaft zu sagen, einen Namen als Alleinstellungsmerkmal. Perfide wird die ganze Sache, wenn der Kunde an dieser Bezeichnung nicht vorbei kommt. Das beliebteste Brot ist deshalb seit Jahren das Das-da.

Der emanzipierte Gesprächsteilnehmer verweigert es also, den Sprachgebrauch um sinnlose Vokabeln zu erweitern und stößt damit auf Unverständnis im Bäckerladen. Er steht zwischen den Kunden in einer Sackgasse und versteht fast nichts mehr. Dem Menschen aus einem fernen Land wird auch der Mönchsstengel nur schwer zu vermitteln sein.

Ich habe mich entschlossen, eine präzise Zeigefingergestik einzuüben und arbeite damit. Die Antwort war heute: „Meinen sie die Bauernwecken? – mit oder ohne?“

Ich bin uneingeschränkt dafür, dass der Kunde sagt, was er will und ihm nicht vorgegeben wird, was er sagen soll. Der Rest regelt sich von allein: „Geben sie mir bitte ein Onjeschwedde!“

Meine Höchststrafe wäre es, wenn ich zu einer unbekannten Bäckerei mit dem Auftrag geschickt würde, ein Radlerbrot mitzubringen.


Da fällt mir noch eine Geschichte ein:
Vor vielen Jahren war der Hans aus Düsseldorf auch dabei, als wir mit einer großen Gruppe in den Schwarzwald fuhren. Wir waren so sehr gebildet, dass wir wussten, dass Holländer Kirsch in Düsseldorf Tusnelda heißt. Hans war aber offenbar die Ausnahme. Er bestellte im Café also eine Tusnelda und war fortan in ein erkenntnisleeres Gespräch verwickelt, das noch andauerte, als alle anderen bereits jeweils ein Stück Schwarzwälder Kirsch gegessen hatten.
Übrigens: Man sollte stets das Bier trinken, das am Ort gebraut wird.

Zertifikate für eine Elite

Deutschland wehrt sich heute erfolgreich gegen die Absicht der EU, für Bio-Produkte verschärfte Grenzwerte festzulegen. Das finde ich richtig!

Wer es sich leisten kann, der kauft Bio. Wer Bio kauft,  zeigt seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Elite. Dabei hatten wir uns einst darauf verständigt, dass Grundrechte und damit auch das Recht auf gute Lebensmittel unteilbar sind. Deshalb gibt es auch hohe Standards, die Lebensmittel grundsätzlich einhalten müssen. In diesem Rahmen muss jeder an seiner Qualifikation arbeiten, gute und schlechte, alte und frische, aufgehübschte und bloß verwachsene Lebensmittel zu unterscheiden und ihre preiswürdiger zu bedenken. Doch einige zahlen gern ihr Geld dafür, die unbedingt anstehende Aufgabe der Auswahl von Lebensmitteln outzusourcen. Sie vertrauen gern den Zertifizierungen, die die Preise nach oben treiben und bilden für die Labelvermarkter die beliebte Zielgruppe der Eliteesser. Der Zertifizierungswahn ist dabei nicht auf Lebensmittel beschränkt. Selbst Dienstleistungen an den eigenen Kindern sind heutzutage zertifiziert. Zertifizierungen entheben uns unserer vornehmsten Aufgabe, uns ein Urteil über die Welt zu bilden und selbst handlungsfähig zu sein.
Das Biozertifikat ist besonders übel, weil es, angereichert durch verschärfte Normen, die Menschen außerhalb er Elite den scheinbar minderwertigeren Lebensmitteln überlassen soll. So will es wohl die EU. Nachdem wir in der Eisenbahn die Klassen reduziert haben und die Klassen der Krankenhausbehandlung nicht mehr so recht begründen können, neigen wir nun nach 15 Jahren der Einkommensstagnation bei den nicht gerade Superreichen dazu, für die verarmende Mittelschicht den Status aufzubessern: Sie verzichten auf autonome Positionen, in denen sich ihr objektives Leid spiegeln könnte und orientieren sich stattdessen an Zertifikaten und ähnlichen Labels und Essen nur noch Bio.
Daneben bleibt selbstverständlich, dass der Fortschritt im Umgang mit der Nahrung weiterhin unteilbar ist, ohne dass man das mit neuen Zertifikaten unsichtbar machen kann.

Hin und Veg

Vegane Restaurants haben Konjunktur und lustige Namen.

Sie haben Namen für ihre Gerichte, die oft an Tiere erinnern – Vurst und Fisch – und auch für sich selbst haben sie Namen – Extravegant -. Ganz rührend sind die Speisekarten, weil man dort vom Rechtschreibfehler über den kreativen Sprachgebrauch bis zur Aneinanderreihung meist gänzlich unbekannter Zutaten so ziemlich alles findet. In diversen sozialen Medien zeigen sie dann auch Fotos von ihren Gerichten. Jeder, der sich schon einmal in der Fotografie von Speisen versucht hat, wird wissen, dass die Bilder meist einem lauen Abklatsch der Gerichte gleichen, wenn man ohne die spezialisierten Fotografen und ihren Studios auskommen will. Um so verwunderlicher finde ich, dass solche veganen Restaurants wohl auch schlechte Lieblingsbilder zu haben scheinen. Ein ganz bestimmtes Anti-Jäger-Schnitzel mit Pommes und Salat sehe ich nahezu wöchentlich und mir wird etwas übel, wenn ich daran denke, dass dieses eine Schnitzel nun schon seit mehreren Jahren angeboten wird. Es wirkt mit der Zeit insgesamt ärmlich und angestaubt jenseits des Mindesthaltbarkeitsdatums. Manchmal sieht man auch ein Vegg-Lett als nachempfundenes Omelett.

Da preise ich doch gern meine nun ebenfalls mehrere Jahre alte Falafel an. Und ich scheue mich nicht, sie immer mal wieder vorzuführen.
Ich glaube, ich mache das jetzt auch wirklich mal öfter!
Ich koche nur privat – immer frisch!

Schmeckt es, Leute?

Ich esse gern und interessiere mich für die Zubereitung von Speisen. Darüber zu sprechen begleitet die Menschheit immer schon und ist geschmackvoll, stiftet ein Wohlgefühl und eine Verständigung auch zwischen fremden Menschen.

Aber ich warne: Wir sind umstellt von Thermomixen. Das sind Geräte der Firma Vorwerk auf dem Weg zum Kochroboter, der für uns das Kochen neu erfinden soll und uns endlos klonbar umzingelt und anfixt. Letztens gestand eine Kandidatin -zu ihrem Leben befragt – in einem Fernsehquiz  so nebenbei: „Ich kann nicht kochen. Deshalb wünsche ich mir einen Thermomix. Da muss man alles nur oben reinwerfen!“ Ich treffe also verstärkt auf Zeitgenossen, die dem Kochen und also auch dem Ergebnis des Kochens ausweichen und mir diesbezüglich nichts mehr zu sagen haben. Ihr kochspezifischer Sprachgebrauch orientiert nämlich an implementierten Maschinenabläufen und den dazu spezifisch entwickelten exklusiven Kochrezepten.
Was da abgeht, hat der Philosoph Günter Anders bereits 1956 in dem Essay „Die Welt als Phantom und Matrize – Philosophische Betrachtungen über Rundfunk und Fernsehen“ sehr gut beschrieben:

„Da es dem König aber wenig gefiel, dass sein Sohn, die kontrollierten Strassen verlassend, sich querfeldein herumtrieb, um sich selbst ein Urteil über die Welt zu bilden, schenkte er ihm Wagen und Pferd. ‚Nun brauchst du nicht mehr zu Fuss zu gehen‘, waren seine Worte. ‚Nun darfst du es nicht mehr‘, war deren Sinn. ‚Nun kannst du es nicht mehr‘, deren Wirkung.“

Jeder Thermomix weniger erhöht unsere Autonomie und die Freude am Essen, also einem wesentlichen Teil des Lebens.

Mein Appell:

Ächtet Thermomix! –
Morgenland, Mittagessen und Abendland sind in Gefahr!

 

Nachtrag im November 2015:

Thermomix – war wohl nix …

Ich habe – wie zu lesen –  schon lange Zweifel an der emanzipatorischen Bedeutung des eintöpfigen Küchengerätes Thermomix, das gerade die Szene der Besserverdienenden aufheizt.

Jetzt lese ich mit Freude, dass auch die Stiftung Warentest das Gerät auf die Stufe der billigen Geräte zurück geholt hat und entzaubert.

Die Glaubensgemeinschaft Direktvertrieb muss jetzt tapfer Zusatzhypothesen gebären und weitere Priester weihen, um nicht im Zeitgeist zu versinken.

 

Immer diese Kinder

Im Straßenbild sind Kinder recht selten geworden. Bisher habe ich das immer in einem Zusammenhang mit dem beliebten Kinder-Döner gedeutet.

Kinder warten auf ihren Tod

Dabei habe ich ganz außer Acht gelassen, dass auch der Kinder-Pfannkuchen nicht unmaßgeblich dazu beitragen kann, dass man die Kinder so selten sieht.

KPK
Hier lockt der Kinderp-FAN-kuchen. Er ist wohl voller Überraschungen …

 

Ich warne!!!

Und ich bitte, diesen Hinweis zu berücksichtigen!

Variante von der Nussecke [variant of the nutcorner]

Jetzt ist sie wieder frisch!

Nussecke
kleine Nussecke

 

große Nussecke
große Nussecke
Die Nussecke hat sich fest im Gebiss der deutschen Seele etabliert. Sie ich nicht mehr weg zu denken und genügt selbst höchsten ästhetischen und kulinarischen Ansprüchen.
Das Essen und seine Präsentation sind eng miteinander verbunden.
Die Vielfakt der Nussecken ist evident. Sie ist nicht zuletzt das Ergebnis einer Aufforderung zur Diversität.

Das Ende allen Fragens

Bisher galt die These, dass das Fragen der Motor aller gesellschaftlichen Entwicklungen ist. Damit war unausgesprochen gesetzt, dass das Reservoir an Fragen unendlich ist.

Alles falsch!

Jetzt hat sich herausgestellt, dass uns die Fragen ausgehen, und zwar ohne Vorwarnung, unmittelbar – jetzt.

Das wird unübersehbare Folgen haben. Quizsendungen werden sich beispielsweise kurzfristig umstellen müssen. Anstatt der Fragen wird es Behauptungen geben, die man dann als richtig oder falsch kennzeichnen muss. Eigentlich steht aber die Lebensqualität der ganzen Weltgemeinschaft auf dem Spiel.

Hier ist dem Vernehmen nach die letzte aller Fragen:

letzteFrage

Aber bitte – nicht antworten!

Wir wollen uns doch die ultimativ letzte Möglichkeit einer Antwort nicht nehmen! Und jede der denkbaren Antworten wäre zu schön, um verworfen zu werden.

Diese letzte Frage wurde heute von der UNESCO auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt.

Noch Fragen?