Ramses Superstar

Krokodilsarg – so etwas ist kaum noch in Gebrauch …

So heißt die aktuelle Ausstellung mit archäologischen Fundstücken in Köln zwar nicht, sie ist aber als ein Objekt der Begierde so aufgebaut, als ob es genau darum gehen würde. Man gerät in der Ausstellung sehr schnell in eine Situation, die als Überfall mit haufenweise selektiven Informationen, dudeliger bis welterschütternder Musik, ständiger Bewegung greller Bildanimationen aus dem Colt der Multimediabefeuerer angerauscht kommt. Davon ab setzen sich mit brauchbarem Licht inszenierte Artefakte, denen bereits über 3000 Jahre derartige Inszenierungen vorenthalten waren. Sie halten das stoisch aus, auch wenn – aus ihrer Sicht – gänzlich aus der Zeit gefallene Menschen nicht aufhören, sie auf Fotos in die heimischen Datenbanken zu tragen. Ich bin nicht einmal sicher, ob die Objekte der Ausstellung wirklich so alt sind. 

Die würdevolle Schlange an der Stirn ist unverzichtbar.

Mir ist bekannt, dass bei ausgewählten Prunkbauten des geldbeschwerten Adels der teure Marmor aus Italien nicht hochwertig genug war und durch mühsam veredelten Handwerksputz ersetzt wurde, der die Macken der Natur ausmerzte und einen Marmor suggerierte, der wirklich makellos gleichförmig und aber teurer war, als der echte Marmor selbst. Es geht dabei um eine Handwerkstechnik, die bei fälligen Renovierungen immer wieder verschollen sind und mühsam neu erlernt werden müssen. 

Der Skarabäus – also der Mistkäfer – war der Star im alten Ägypten und hat die Jahrtausende überdauert.

Warum sollte man also nicht täuschend echte Mumien, Särge und alle anderen gestaltete Materialen wie Schmuck und Steine mit neuesten Technologien nachgestalten? Es würde kein Auge vor der Showvitrine beleidigen und die Versicherung von unbezahlbaren Ausstellungsobjekten preiswert und akzeptabel gestalten. I‘m fine with that. Überprüfen kann ich es in der Ausstellung eh nicht. Am Ende der Ausstellung sagte aus dem Off eine bedeutungsgeladene sonore Männerstimme über Hern Ramses: „Nach seinem Tod war er unsterblich!“ Da wusste ich, dass die ganze Show mit einer derart heißen Nadel gestrickt worden war, dass es ungewollt sogar lustig rüberkommt. Nach dem Ende gab es – mit  einer erheblichen Verzögerung in einer Schlage von Ausstellungsbesuchern – zum Aufpreis noch ein „immersives VR- Erlebnis“ als Aperçu auf einem bewegungsgesteuerte Sessel mit passendem Sehgerät und Kopfhörer: Die wohlgeformte Frau Ramses führte vor 3000 Jahren durch zahlreiche Räume mit ein paar Erschreckungseffekten. In den engen Durchgängen von Raum zu Raum hatte ich wohl stets die Angst, ich würde mir an den Mauerecken die empfindlichen Knie aufschlagen. Puhhhh – es ist noch mal gut gegangen.

Ach – das muss ich noch sagen: Den dramaturgisch erforderlichen Feind mussten übrigens leider mal wieder die Hethiter abgeben. Sie wurden von den heroisch überlegenen Ägyptern übelst massakriert. Deshalb konnte der Rest als reines Gold, zumindest aber wirklich sehr, sehr schön rüber kommen. In einer Ausstellung über die Hethiter wäre es sicher andersrum. Aber dazu fehlen ausreichend Fundstücke.

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