Der Meteorologe an sich ist übergriffig

Wir wollen heute wissen, wie das Wetter morgen sein wird. Der Rat des erfahrenen Landmanns reicht uns nicht aus. Wir beanspruchen den Meteorologen, der sogar Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Er pflegt eine eigene Fachterminologie, will aber seine Kenntnisse für den Bürger nutzbar machen. Er übersetzt und bedient etliche Medienkanäle immer wieder neu. Informationen über das Wetter sind eine leicht verderbliche Ware. Das Wetter von Gestern ist fast schon nutzlos, wenn man nicht gerade langzeitliche Entwicklungen dokumentieren will. Meine Wetterapp zeigt kein vergangenes Wetter an. Aber selbst in die Zukunft gerichtet sind Wetterprognosen mit einem gewissen Risiko behaftet, weil eine schnell unübersehbare Vielfalt der Messdaten anfällt, die Vorhersagen für längere Zeiträume nicht besser machen, als historische Wetterregeln.

Es gibt einen gnadenlosen Wettbewerb der  Meteorologen um Kunden und um Werbekunden, die das Vehikel Wetterbericht auf dem Weg zum Kunden als Trittbrettfahrer mit nutzen.

Die Kundenbindung erfolgt schließlich über den sympathischen Wettermoderator – der meist direkt auch der fachkompetente Meteorologe ist – und sein Vermögen, den Kunden als lernbereiten Menschen in seine Denkwelten einzubinden und ihm schließlich „sein“ Wetter in Serie anzubieten. „Bleiben Sie dran!“ Er erzählt etwas über den Golfstrom, den Schwund des Polareises, die Isobaren auf der Karte, das Tiefdruckgebiet namens Norbert, das gerade das Hochdruckgebiet  namens Jutta abgelöst hat. Und dann wird es kritisch: Er redet von einem meteorologischen Sommer, den es gar nicht gibt und der von der Riege der Meteorologen nur neu eingeführt wurde, weil er sich rechentechnisch lieber am Kalendermonat als an den Jahreszeiten orientiert. Er schafft damit Futter für irrsinnig viele Journalisten, die immer mal wieder und überflüssigerweise eine Jahreszeit zweimal anfangen lassen und gebührend feiern. Dann reden die Meteorologen im System der Temperaturscala nach Kelvin, weil das der Meteorologe unter bestimmten Bedingungen so macht, man aber ebenso gut Celsius sagen könnte. Ja und dann wird der Meteorologe sprachgestalterisch aktiv und macht aus starkem Regen das Gütesiegel des Starkregens und verhunzt mit einem Anspruch auf fachmetheorologische Gültigkeit die Sprache, die er eigentlich nur von den Bürgern – dem Sprachsouverän – geborgt hat. Und jetzt wird es ganz bescheuert: Der Meteorologe führt den „heftigen Starkregen“ ein, der in jedem Deutschaufsatz zu zweifacher Beanstandung einen Anlass geben würde.

Solche Besserwissigkeiten der Wetterfachkräfte ärgern mich von mal zu mal. Man kann ehrliches Wetter nämlich ohne fragwürdige Ad-ons unter das Volk bringen. Ich führe jetzt eine schwarze Liste der übergriffigen Wetterhändler.

Aber vielleicht hat das ja alles damit zu tun, dass der Deutsche – wie mir einmal so ein Wetterhändler vermittelt hat – dazu neigt, einen Wind unter ganz bestimmten Bedingungen Durchzug zu nennen, obwohl es eben nichts anderes als Wind ist und international auch so gehandelt wird. Ich glaube, es ist so! Wenn mein englischer Besuch im Durchzug sitzt, dann werde ich nichts von Wind sagen. Ich sage dann: „You are sitting in the  through train!“ und erzähle dann the fairy tale from the weather frog …

Du kannst es Durchzug nennen.
Für mich ist es Wind.

Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.