Das Wort ist schuld

Ein Abgeordneter durfte laut Gerichtsentscheidung in einem Parlament unter bestimmten Umständen Neger sagen. Das Gericht führte unter anderem aus, dass über die Berechtigung von Wörtern nicht zu entscheiden ist, sondern über konkrete Einlassungen des Abgeordneten.

Das ist Anlass für eine Unterschriftensammlung, die ich nur ungern Petition nenne (Artikel 17 GG), das Wort Neger selbst zu verbieten. Es wird in der Presseberichterstattung als N-Wort bezeichnet. Die Unterschriftensammlung erfolgt in einer der populären und positionslosen Onlinepetitionsmaschinen.

Die Sprache ist ja eine hervorragende Form, sich mitzuteilen. Deshalb gehört der Gebrauch der Sprache der Gemeinschaft der Sprechenden. Es gibt keine verbindlichen Definitionen. Das Sprechen ist geprägt von der Absicht, sich zu verständigen. Das geht nur, wenn man bemüht ist, die abweichende Wortwahl des anderen zu berücksichtigen. Die Gewissheit, sich verstanden zu haben erhält man nur im Gespräch, das immer auch etwas Missverständnis beinhaltet. Das ist unvermeidlich und demokratisch.

Es gibt viel gescheiterte Versuche, Menschen bestimmte Wörter zu verordnen oder zu verbieten. Sie sind letztlich alle gescheitert. Wir denken unweigerlich an George Orwells Roman 1983.

Wenn nun jemand Neger denkt und es aber nicht sagen darf, dann verstecken wir mit der Vorschrift lediglich seine Gedanken. Damit ist nicht viel gewonnen. Es wäre richtiger, seine Gedanken über die Sprache aufzunehmen und eine Gegenrede zu starten. Er selbst würde für seine Sprachlosigkeit ein Ventil suchen. Da hat er viele Möglichkeiten, die nicht alle strafbar sind. Er kann N-Wort sagen. Er kann auf Metapher zurückgreifen, neue Wörter erfinden, mehrere Wörter mit Schnittmenge zum Wort Neger kunstvoll kombinieren. Er kann gewalttätig werden oder sich in Subkulturen bewegen, die das Wort Neger nicht beanstanden. Und das ist längst noch nicht alles, was er machen kann. 

Ich halte vom Verbot konkreter Wörter nichts. Sie sind praktisch und auch rechtlich ohnehin nicht einzuhegen. Einzuhegen ist aber der sich äußernde Rassist. Man macht das am besten direkt mit einer deutlichen Gegenrede, an der sich erforderlichenfalls auch viele andere beteiligen können, also in der offenen Gesellschaft und nicht vor dem Gericht. Gleichwohl können Menschen für rassistische Auftritte bestraft werden. Dazu muss man erforderlichenfalls auch den Instanzenweg ausschöpfen oder auch verbesserte Rechtsnormen auf den Weg geben.

Nicht ein Wort ist der Übeltäter, ein Mensch ist es.

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