Bloggerleid

Es gibt eitle Journalisten, die etwas erfinden und damit einen Bericht über das, was ist, aufzuhübschen. Warum sie bisweilen zur nahezu realitätslosen Berichterstattung neigen, ist unterschiedlich. Wenn sie es geschickt machen, werden sie jedenfalls beachtet. Wenn sie erwischt werden, auch.

Immer dann, wenn Ereignisse auf Fantasie treffen ist jemand, der schreibt, etwas im Unklaren darüber, wo die Reise hingehen soll. Die Bloggerin Sophie Hingst fühlt sich jetzt missverstanden, weil sie in ihrem Lebenslauf Ereignisse erfunden und weiterhin Projekte vorgetragen hat, die es so nicht gegeben hat und die teilweise sogar mit zurechtgebastelten Dokumenten von ihr belegt wurden. Sie wird als Hochstaplerin durch die Medien gereicht und meint selbst doch nur, literarisch zu arbeiten.

Bei meiner Bloggerei sehe ich auch stets die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion verschwimmen. Wenn du nicht stringent einem wissenschaftlichen oder journalistisch-dokumentarischen Paradigma folgst, verlierst du dich schnell als Literaturschaffender, gleichgültig, ob du dabei gut oder schlecht bist. Wenn du zudem die eventuell im Blog auftretenden Personen und Orte unkenntlich machst, dann hast du schon den ersten Schritt getan, deinen Text auch mit einem neuen Ende auszustatten, das unerwartet kommt und eine neue Sichtweise ins Spiel bringt, also besser ist als das Ausgangsereignis. Das alles ist nicht verboten, hat aber auch keine deutliche Grenze, ab der es zumindest unredlich ist. 

Die Frau Hingst hat die Grenze überschritten, als sie ausdrücklich Fiktionen als Tatsachenbehauptungen verkauft hat. Das sehe ich auch so. Aber es gibt sicherlich sehr viele Blogger, die im Vorfeld solcher Fehlleistungen tagtäglich neu ihre Grenzen der Authentizität ausloten müssen und es selbstverständlich nicht immer sehr souverän tun.

Mein Vorschlag ist ein unüberlesbares Blogstück, in dem man begründet, warum man den als ehrlich vermuteten Weg der lückenlosen Überprüfbarkeit manchmal oder häufig verlässt.

Nichts ist fantasieloser als die dokumentierte Wirklichkeit.

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