Mein Biathlon

Ich war 13 Jahre alt, als ich die Olympischen Spiele im Fernsehen sehen konnte, im Sommer und im Winter. Das Fernsehen war noch farblos, die technischen Möglichkeiten der Aufnahme, Übertragung und Vorführung auf dem kleinen Röhrenfernseher waren bescheiden. Nach den Spielen 1960 (Rom /Squaw Valley) haben wir dann so ein Buch gekauft, in denen die Sportler vorgestellt und die allgemeinen Hintergründe der Sportarten und die besonderen Bedingungen und Ergebnisse vor Ort vorgestellt wurden. Damals war im Winter der Eiskunstlauf von hervorragendem Interesse. Während die Erwachsenen angespannt die Kür verfolgten und jeden Zweifachsprung bejubelten, hatte ich nur Freude, wenn der unvermeidliche Sturz auf glattem Eis wirklich stattfand. Das Olympiabuch lag mir näher. Ich kannte bald alle Sportarten und alle tragischen wie glorreichen Helden. Ich wusste sogar welche Fechterin mit welchem Boxer irgendwo im Olympischen Dorf getanzt hatte. Dieses Buch lieferte weitaus mehr als die Berichterstattung. Biathlon kam mir total exotisch und eher als Relikt aus den Kriegszeiten vor. Da liefen Männer mit Knarren in den Wald und kamen dann irgendwann wieder raus. Es waren in meiner Erinnerung vornehmlich Russen auf den vorderen Plätzen. Zu sehen gab es eigentlich nichts, weil nie eine Kamera dabei war. Ich dachte an irgendwelche sibirischen Beamten, die mit Ski und Knarre Dissidenten fingen und dann, anstatt einer ordentlichen Bezahlung, ihrem Vaterland die Ehre auf internationalem Parkett sichern durften. Ja wirklich, so habe ich das damals gedacht. Erst heute lese ich, dass ich da gar nicht so falsch lag. Der Militärpatroullienlauf wurde nämlich irgendwann in Biathlon umbenannt. Es war für mich faszinierend, hatte aber überhaupt nichts vom dem, was heute diesen Sport ausmacht.

Was wohl nie vorauszusehen war, ist passiert. Biathlon ist zur Premiumsportart geworden, neben Fußball und Formel 1.

Das liegt daran, dass Biathlon bis zum Ende des Wettbewerbs außerordentlich spannend bleibt und mit medialem Aufwand so ausgestaltet vermittelt wird, dass man jedes Teilereignis miterleben kann. Der Sport wäre bei gleicher Qualität ohne die Medien ein Nischenprodukt, das kaum den Athleten ernähren könnte. Jetzt erlauben es die Zuschauerzahlen, an allen möglichen Stellen Kameras und Experten zu platzieren. Ich gucke verdammt gern Biathlon und freue mich besonders dann, wenn ein Außenseiter ganz nach vorn läuft.

Aber es wird wohl alles anders:

Schneefall kann Wintersport unmöglich machen.
Mangelnder Schneefall kann dagegen mit technischen Hilfsmitteln überbrückt werden.

Der erste Schritt ist also getan, den Wintersport nahtlos in den Sommersport zu übernehmen.


Ich sehe meine Zukunft als Biathlontrainer:
„Hopp, Hopp – auf geht´s!“

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