Sie bleibt dabei – Die Volkspartei

In der Berichterstattung nach den jüngsten Landtagswahlen wird immer wieder darüber berichtet, diese oder jene Partei sei nun in diesem oder jenem Bundesland keine Volkspartei mehr. Aus dem Kontext ergibt sich meistens, dass die Berichterstattung Volksparteien für große Parteien hält die ihren Status mit fehlender Zustimmung des Wählers verlieren.

Damit wird außer Acht gelassen, dass der Begriff Volkspartei zur Abgrenzung von der Interessen- oder Klientel-Partei eingeführt wurde. Noch in der Weimarer Zeit herrschten Parteien vor, die einem bestimmten Thema folgten und hinter sich Wähler versammelten, die nur das jeweilige Thema bevorzugten. Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich das Parteiensystem weiter. Es entstanden sogenannte Plattformparteien oder Volksparteien. Der politische Diskurs fand also zunächst nicht mehr allein zwischen den Parteien statt, sondern vorab innerhalb von Volksparteien. Volksparteien sprachen alle Bürger an und sahen sich für alle politischen Fragestellungen zuständig. Sie entwickelten deshalb innerparteiliche Strukturen zum Interessenausgleich und zur Abwägung politischer Schwerpunkte. Vor der parlamentarischen Auseinandersetzung ist also stets die Schärfe der bedingungslosen Interessenpolitik einzelner Gruppen bereits entschärft.

Für den Bürger entsteht deshalb oft der Eindruck: Die machen eh alle das Gleiche ohne den Bürger zu fragen. Er neigt dazu, zum Wechselwähler zu werden oder doch ganz auf die Wahl zu verzichten. Wenn neue Parteien auftauchen, die eine Interessenpolitik für ein ganz bestimmtes Segment der Politik anbieten oder Spitzenkandidaten auftreten, die sich dem Prozedere des ständigen Abstimmens verweigern und individuelles Profil zeigen, dann neigt der Bürger dazu, den Volksparteien mit ihrer systembedingten Softpolitik des ständigen Verhandelns zu kündigen.

Interessenparteien und Volksparteien sichern jede auf ihre Weise eine politische Vielfalt.

Volksparteien einfach nur zu großen Parteien zu machen und Interessenparteien möglicherweise auch noch zu kleinen Parteien wird einem differenzierten Verständnis der Parteipolitik wirklich nicht gerecht.

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