Luxuskaffee

Der Kaffee, vor Generationen noch als echter Bohnenkaffee im Angebot, hat sich zum billigsten Getränk entwickelt. Die Zeit ist vorbei, als die Oma auf der Wallfahrt ein Tütchen Kaffeepulver dabei hatte, um sich als Ergänzung vor Ort irgendwo etwas heißes Wasser zu erbitten. Der Kaffee ist so billig, dass die Kaffeebauern weltweit an den niedrigen Preisen zugrunde gehen. Wer den Kaffee im Laden kauft, der kann für wenige Euro nahezu endlos Kaffee trinken.

Aber es ist dem Kaffeehandel ein Dorn im Auge, wenn ein Edelprodukt in finanziell höchst entspannten Zeiten zum Billigprodukt abstürzt und verkommt.

Also wird eine Kaffeekultur hochgezogen, die es ehedem vielleicht in Wien oder in Italien im Dunst der besseren Kreise gab. Es werden also endlos viele Kaffeespezialitäten entwickelt, die den Preis steigen lassen. Eskortiert werden diese gepimpten Produkte durch Cafés und Kaffeehausketten, deren Vielzahl von Kaffeevarianten sich weder trennscharf auseinander halten lassen noch sinnvoll benennen lassen. Neu erfundene Eigennamen erfordern deshalb einen spezifischen Spracherwerb des Kunden. Jeder, der eine Fremdsprache gelernt hat, möchte sie bekanntlich auch anwenden. In diesem speziellen Fall geht man dazu in ein Café. Der Cafésommelier sichert die Fachlichkeit  der Kaffeevariationen ab. Vielleicht stellt er sie aber auch erst her. Es gibt über das Kaffeetrinken in Zeiten der Vielfalt bereits Kleinkunstprogramme. Der Kaffee-to-go, im Becher mit Deckel, ist als eine strategische Absicht eingeführt, das Kaffeehaus in die Welt zu tragen und Kaffee als an jedem Ort genießbar unter das Volk zu bringen. Auch dieser Name ist Programm.

Es fehlt also nur noch der Angriff auf die Privatwohnung. Dazu wurden zunächst sehr teure Espressomaschinen unter die reichen Leute gebracht. Die Preise gehen, wenn man es sich leisten kann, bis in die Tausende mit vertraglich geregeltem Reparaturservice over night at home oder so. Damit gab es eine Orientierungsnorm, den Kaffee zu verteuern. Sie war aber nicht volkstauglich. Um das zu erreichen wurden dann aber die Kapselmaschine und die Padmaschine konzipiert und das sagenhafte Image der Edelmaschinen auf sie übergeleitet. Sie werden nun bereits zu volkstümlichen Preisen angeboten, seitdem nahezu jeder Haushalt bereits eine hat. Selbst der vorkonfektionierte Kaffee kostet damit aber gleich das zigfache, ohne dadurch an Qualität zu gewinnen. Doch diese Analyse geht im Kaffeehype unter, gestützt von der Werbung, die einen Genuss suggeriert, wie er früher in der Tabakwerbung zu Hause war.
Jetzt versucht der Kaffeekonzern Tchibo den Konkurrenten das Wasser abzugraben. Er bastelt an würfeligen Kaffeekapseln und passenden Handyapps, damit das Handy der passenden Maschine übermitteln kann, welche ausgetüftelte Kaffeespezialitäten vom Consumer erwartet wird. Die Wahl des Consumer wird dann wahrscheinlich direkt über die Datennetze in den Konzern übermittelt. – „Wer Kaffee X wählte, interessiert sich auch für Kaffee y, z …“- wird das Handy dann sagen.

Irgendwie ist der billige Kaffee ganz schön teuer und der Kapselmüll erfordert schon bald spezifische Recyclingwege. Ich habe ja gute und preiswerte Erfahrungen damit, die handelsüblichen billigen Kaffeebohnen mit der Handmühle zu mahlen und mit so einem ganz einfachen und preiswerten Filter aufzubrühen, den man als Trichter direkt auf die Kaffeekanne stellt. Er ist ausgezeichnet! Und mein Geld bleibt frei, für Wohltaten an der Menschheit.
Die Kaffeekultur erscheint mir als eine grenzenlose Auffächerung unbedeutender Dinge, um mir das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich erkenne ihr den Status ab, Kultur zu sein – mangels Menschenfreundlichkeit.

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