Am Bahnhof ist immer was los

Der Bahnhofsvorplatz war immer schon Ort der Begegnung und der Kriminalität, jeweils verbunden mit Freude und Enttäuschung, Freundschaft und Trennung.

Seit der Silvesternacht 2015 in Köln ist er in Windeseile zum Symbol für eine Übergriffigkeit und Hilflosigkeit geworden, die aus dem Nichts zu kommen scheint.

Das ist immer so schön, bei unaufgeklärten Kriminalfällen. Man kann alle Register der Phantasie ziehen, um vorübergehend die Weisheitslücken auszufüllen. Und dafür bleiben noch ein paar Tage Zeit, den die Ermittlungen laufen noch.

Und so erleben wir ohne Unterlass nun einen Armabstandsgag nach dem anderen. Wir hören auch tagtäglich die Empfehlung, dass der Staat sich nun mit harter Hand gegen kriminelle positionieren muss. Alle Medien sind voll davon und werden offenbar deshalb auch gern konsumiert. Ein wünschenswerte Phantasie ist uns allemal lieber als eine schnörkellose Faktenlage.

Verhaltensregeln für Frauen deutet jetzt auch das populistische Frauenmagazin Emma außer Rand und Band als einen weiteren Angriff auf alle Frauen. Dabei wird vollständig ausgeblendet, dass es ja mit den Verhaltensregeln in frühester Kindheit bereits an. Wir sind – Mädchen oder Junge, Mann oder Frau – schlecht beraten, ohne nach rechts und links zu sehen, die Straße zu überqueren. Wir können uns mit Bedacht über Regeln hinwegsetzen und sogar neue erfinden. Wenn es geht, ist oft ein Abstand zum anderen sinnvoll. Der erwachsene Mensch hat im Normalfall ein äußerst effektives Territorialverhalten erworben, das auf ein System überkommener und individueller Regeln zurück geht.

Das Reden von der „harten Hand“ vermittelt, es gäbe im Rechtsstaat ganz große Spielräume der Beliebigkeit, die man plötzlich auch ganz anders ausfüllen könnte. Das ist aber nicht so! Das ist weder in Gerichtsverfahren so, noch im Handeln von Behörden, weil letzteres auch gerichtlich überprüfbar ausgestaltet ist. Zudem wäre kein Richter daran gebunden, die Urteile und Beschlüsse härter auszugestalten. Vielmehr ist der Richter an die sachgerechte und begründete Einordnung konkreter Sachverhalte in die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Sein Spielraum ist in jeden Fall sehr begrenzt und die spezifische Ausgestaltung dieses Spielraums ist zu begründen.

Der Verzicht auf solche Denkbewegungen ist vermutlich dem Bahnhofsvorplatzhype geschuldet.


 

Und dort agierte die Polizei in der Silvesternacht offenbar vollkommen hilflos.

Die deutsche Polizei gilt jedoch weltweit als vorbildlich. In kaum einem Land vertrauen die Menschen der Polizei mehrmals hier bei uns.

PolenteDie berechtigte Kritik an der Polizei erfordert unmittelbar, nicht unbedingt den Gewerkschaftsforderungen (mehr Personal und Geld) zu folgen, aber doch die versäumten Aufgaben nun auch zu erfüllen. Das geht allerdings nicht in einem Einheitsapparat, der zentralistisch ausgerichtet ist und nach außen dicht bleibt. Es sollte also darum gehen, neue Konzepte und Arbeitsmethoden zu entwickeln, Ideengeber und Kritiker zu loben und in maximal autonomen kleinen Einheiten zu arbeiten, die in ihren Köpfen nicht ständig herumschleppen, wie der Polizeipräsident dieses und jenes dem Innenminister am besten verkaufen kann.

Ich zweifle nicht daran, dass die Polizei zu der allseits geachteten Form zurück findet.

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